Stadt: Wien

Frist: 2015-08-31

Beginn: 2016-07-21

Ende: 2016-07-27

URL: https://icla2016.univie.ac.at/

CfP: Die Arena der Stimmen: Intermedialität, Intertextualität und Sprachenvielfalt in Literatur und Film Lateinamerikas

„Deixa disso camarada/Me dá um cigarro” endet das bekannte Gedicht Pronominais von Oswald de Andrade. Die minimale Veränderung im Satzbau – das Umstellen eines Pronomens – hat hier maximale Auswirkungen: In dem Sprachwechsel vom Portugiesischen zum Brasilianischen steckt eine tektonische Verschiebung im brasilianischen Selbstbild, die gleichzeitig Widerstand gegen das (sprachliche) koloniale Erbe und erstarkendes politisches und künstlerisches Selbstbewusstsein einer jungen Nation programmatisch ausdrückt.

Die Sprache wird zur Arena, in der Identität, Differenz und Alterität verhandelt werden – ein Raum, der Transgression ebenso ermöglicht wie neue Kombinationen und hybride Kultur- und Diskursstrategien. Dieser Zusammenprall der Sprache der Kolonialisierten und der Kolonisatoren findet in Brasilien seinen Ausdruck in der Antropofagia : Sprache wird zum Katalysator einer kulturellen Bewegung, die das Westliche, Europäische frisst, um Brasilianisches zu kreieren und so einen konstanten Prozess von Appropriation und Re-Appropriation in Gang zu setzen, der sich auch auf die Ebene der Intertextualität und Poiesis – etwa in neuen Interpretationen westlicher und eigener Mythen – erstreckt.

Die Sprache ist in Lateinamerika auch Ausdruck postkolonialer Machtverhältnisse und globaler Migration (u. a. aus Japan wie bei B. Carvalho und J. P. Cuenca oder Arbeitsmigration der indigenen Bevölkerung) sowie Tor in die Vergangenheit des Kontinents: Spuren indigener Kulturen finden sich nicht nur auf der Ebene der Sprache, sondern auch in Intertexten (z. B. autochthonen Mythen). Sprachwechsel und Code-Switching sind als Folge der Unzulänglichkeit zu sehen, die sich – angesichts des „Unsagbaren“(z. B. Kriegstraumata) – bis zur Sprachlosigkeit steigern kann: Zahlreiche Texte zeigen Situationen auf, wo die Sprache der Eroberer als Ausdrucksform versagt und auf die indigene Muttersprache, Gesänge oder mythische Narrative zurückgegriffen wird (etwa bei L. Puenzo, C. Llosa oder im Film Hamaca Paraguaya ).

Es bietet sich eine Diskussion der Sprache(n) in Verbindung mit postkolonialen Theorieentwürfen zum Third Space und zum Mimikry von Homi Bhabha und zur (Un-)Möglichkeit von Sprache und Sprechen subalterner Subjekte im Sinne G. C. Spivaks an. Intermedialität, Intertextualität und Polyphonie-Konzepte erweitern das Analysespektrum, das sich in dieser Sektion vor allem auf die vielsprachige und vielstimmige Literatur- und Filmproduktion Lateinamerikas beziehen soll.

Einreichung von Abstracts:
Bei Interesse reichen Sie bis 31. August 2015 ein Abstract (max. 500 Wörter) für eine 30-minütige Präsentation sowie eine Kurzbiografie (Biobibliography) über die Homepage des ICLA 2016 (https://icla2016.univie.ac.at/abstract-submission) für die Group Section 17310 ein. Informationen zum Kongress finden Sie auch unter https://icla2016.univie.ac.at/faq/. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an Verena Bauer (verena.bauer@univie.ac.at).

Leitung der “Group Section”
Univ.-Prof. Dr. Kathrin Sartingen (kathrin.sartingen@univie.ac.at), MMag. Verena-Cathrin Bauer (verena.bauer@univie.ac.at), Petra Reitböck; Institut für Romanistik, Universität Wien

Beitrag von: Verena Bauer

Redaktion: Lars Schneider