Stadt: Regensburg

Frist: 2015-02-20

Beginn: 2015-11-12

Ende: 2015-11-14

„Mittelalterliche Stadtsprachen“, 12.-14.11.2015, Regensburg
Forum Mittelalter der Universität Regensburg in Kooperation mit dem Themenverbund „Urbane Zentren und europäische Kultur in der Vormoderne“, Universität Regensburg

Im Regensburger Forum Mittelalter arbeiten seit vielen Jahren Mediävistinnen und Mediävisten aus unterschiedlichen geisteswissenschaftlichen Disziplinen zum Themenschwerpunkt der interdisziplinären Städteforschung in vergleichender gesamteuropäischer Perspektive zusammen (www.forum-mittelalter.de). Der erweiterte Blick auf die antiken und frühneuzeitlichen Kulturen hat in Zusammenarbeit mit dem Themenverbund „Urbane Zentren und europäische Kultur in der Vormoderne“ einen neuen kulturwissenschaftlich besetzten Stadtbegriff ins Zentrum gerückt. Städte lassen sich als Orte erhöhter demographischer, topographischer und kommunikativer Dichte beschreiben, als mehrdimensionale Kommunikationsräume, die eine spezifische kulturelle Dynamik ausprägen und besondere Innovationskraft besitzen. Die internationalen Jahrestagungen haben sich in den vergangenen Jahren mit den Repräsentationsformen, der räumlichen Physiognomie, dem Kultgeschehen, dem Konfliktpotential oder den Migrations- und Mobilitätsprozessen in vormodernen Städten auseinandergesetzt. 2015 soll nun nach der Relevanz mittelalterlicher Stadtstrukturen für die Sprachgeschichte und die Geschichte der Schriftkultur gefragt werden.
Das Thema der Tagung steht im Spannungsfeld zweier aktueller Debatten, die in unterschiedlichen disziplinären Kontexten angesiedelt sind und hier zusammen geführt werden sollen. Der erste Diskussionskontext kommt aus der historischen Sprachwissenschaft, in der sich in den letzten Jahren Mehrsprachigkeit, Sprachkontakt und Sprachvariation zu zentralen Themenstellungen entwickelt haben. Die Forschungen zu historischen Stadtsprachen sind in diesem Kontext besonders hervorzuheben, denn gerade sie haben dazu beigetragen, den ausschließlich sprachinternen, linearen Entwicklungsdynamiken ein Bild sprachlicher Entwicklung entgegenzustellen, das die Kontingenz der Wandelprozesse und die allgegenwärtige Variation und Variabilität sprachlicher Formgebung in ihrer Kontexteinbettung ersichtlich macht. Die reichhaltige und vor allem kommunikativ differenzierte schriftliche Überlieferung der Städte hat es ermöglicht, die sprachlichen Daten und die datenvermittelnden Texte zu re-kontextualisieren und auf diese Weise den lebensweltlichen Kontext und die kommunikativen Bedingungen der sprachlichen Formen sichtbar zu machen. Ebenso rücken die zahlreichen Migrations- und Wanderungsbewegungen in und aus den Städten Sprachkontakt und Mehrsprachigkeit ins Blickfeld der historischen Sprachwissenschaft, wenn sie sich auf die Kommunikation in den städtischen Räumen konzentriert.
Der zweite Diskussionskontext ist an kulturwissenschaftliche, sozialgeschichtliche und kommunikationsgeschichtliche Perspektivierungen gebunden. Themenfelder wie Mündlichkeit und Schriftlichkeit, Mediengeschichte und Institutionalisierung haben die entscheidende Prägung gesellschaftlicher Formen durch die zunehmende Verbreitung medial schriftlicher Kommunikation herausgestellt. Auch hier kommt der Stadtforschung eine besondere Rolle zu; viele Teilbereiche des städtischen Lebens sind bereits früh durch die Nutzung der Schrift geprägt, erfordern die Herausbildung einer schriftkulturellen Elite und tragen gleichzeitig zu ersten Ansätzen einer Demiotisierung der Schrift bei. Ohne den Fokus generell auf verschriftete Sprachformen verengen zu wollen, ist eine erhöhte Aufmerksamkeit für diesen medial und konzeptionell spezifisch geprägten Kommunikationsbereich notwendig. Die sprachliche Situation der mittelalterlichen Städte und die Geschichte ihrer Sprachen kann ohne eine Geschichte der schriftkulturellen Institutionen nicht geschrieben werden.
Die skizzierten Diskussionskontexte eröffnen ein Themenfeld, das gerade in seiner Breite die Basis unserer Tagung sein soll. Ziel ist es, VertreterInnen der germanistischen, romanistischen und slavistischen Sprachwissenschaft, StadthistorikerInnen und Forschende weiterer kulturwissenschaftlicher Disziplinen zu gewinnen, um den Vergleich der unterschiedlichen Situationen und der unterschiedlichen Perspektiven für die Rekonstruktion der Geschichte der lateinischen oder volkssprachlichen Schriftlichkeit im urbanen Kontext und der Geschichte der in diesen Städten koexistierenden Sprachen nutzen zu können.

Willkommen sind Beiträge aus den gerade angesprochenen Disziplinen, die sich anhand empirischer Beispiele aus dem mittelalterlichen west-, zentral- und osteuropäischen Raum auf folgende Themenfelder beziehen:
a) Lateinische und volkssprachliche Schriftlichkeit in der Stadt: Schriftdomänen, Kontexte der Institutionalisierung und Repräsentationen der Schrift
b) Migration, Koineisierung, Stadtsprachenbildung: Zu einer Geschichte der mehrsprachigen Stadt
c) Städte und (sprachliche) Räume: Schriftsprachen, Handelssprachen und sprachliche Zentrierungen

Die Vorträge werden – neben einem Abendvortrag am 12. November 2015 – auf zwei Tage verteilt (Freitag, 13. November 2015, ca. 9 – 18 Uhr und Samstag, 14. November 2015, ca. 9 – 13 Uhr). An die jeweils 30-minütigen Vorträge soll sich eine viertelstündige Diskussion anschließen. Im Falle einer Einladung zum Vortrag werden die Reise- und Unterbringungskosten übernommen. Es ist geplant, die Tagungsbeiträge in der seit 2005 jährlich fortgesetzten Reihe Forum Mittelalter-Studien (Verlag Schnell & Steiner, Regensburg) zu veröffentlichen.

Bitte schicken Sie Ihre Vortragsvorschläge zusammen mit einem halbseitigen Abstract und kurzen biographischen Angaben bis zum 20. Februar 2015 an
Prof. Dr. Maria Selig
Lehrstuhl für Romanische Sprachwissenschaft
Institut für Romanistik
Universität Regensburg
93040 Regensburg
maria.selig@ur.de

Beitrag von: Reto Zöllner

Redaktion: Reto Zöllner