Pasolini-Bachmann – Gespräche (1963-1975) (Monographie)


Allgemeine Angaben

Autor(en)

Fabien Vitali

Verlag
Galerie der abseitigen Künste
Stadt
Hamburg
Publikationsdatum
2022
Auflage
1
Weiterführender Link
https://www.galerie-der-abseitigen-kuenste.de/publikation/vol-1-pasolini-bachmann-gespraeche-1963-1975-vol-2-bachmann-pasolini-kommentar-fabien
ISBN
978-3-948478-01-8 ( im KVK suchen )
Thematik nach Sprachen
Italienisch
Disziplin(en)
Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft
Schlagwörter
Novecento, Italienischer Film, Italienische Literatur, Pier Paolo Pasolini, Gideon Bachmann

Exposé

Die Gespräche des jüdischen Filmjournalisten Gideon Bachmann mit Pier Paolo Pasolini aus den Jahren 1963-1975 wurden bis dato nur vereinzelt und vorwiegend in redaktionell bearbeiteter Form veröffentlicht. In diesem Band hingegen liegen sie zum ersten Mal vollständig, entsprechend der originalen Tonaufnahmen verschriftlicht und in deutscher Sprache übersetzt, vor. Es handelt sich dabei nicht um herkömmliche Interviews, vielmehr sind es Dokumente persönlicher Begegnungen: Pasolinis geistige und künstlerische Erfahrungen erschließen sich hier über Umwege – aus dem Zusammenhang weitschweifiger Unterhaltungen zu politischen, kulturhistorischen, auch privaten Anliegen. Diese mit Photographien von Gideon Bachmann und der Set-Fotografin Deborah Imogen Beer ergänzte Edition wird begleitet von einem ausführlichen Kommentar im Volumen 2.
Hier reflektiert der Autor, Fabien Vitali, die Gespräche im Licht der Debatten über Pasolini und bildet damit eine Art Echokammer, in der die kritischen Stimmen zu Pasolinis Werk aus den vergangenen 50 Jahren nachhallen. In stellenweise essayistischen Anmerkungen bringt der Verfasser nicht zuletzt seine langjährige Auseinandersetzung mit Pasolini zur Geltung und tritt damit in den »nicht integrierbaren Raum« von Pasolinis Kunst, um dessen Spannkraft und Unruhe neu zu vergegenwärtigen.

Inhalt

DIE BACHMANN-GESPRÄCHE

Vorwort von Fabien Vitali

LOST (AND FOUND) IN TRANSLATION

Gideon Bachmann begegnet Pasolini zum ersten Mal bei einer Pressekonferenz am Lido, anlässlich der Premiere seines ersten Spielfilms Accattone während der 22. Ausgabe der Filmfestspiele von Venedig, im September 1961. In Italien befand er sich damals erst seit kurzem, nachdem er in den 50ern in New York als Radiojournalist tätig gewesen war und sich einen Namen gemacht hatte mit seiner pionieristischen Sendung The Film Art, die mit der Zeit auch von Radiostationen mit breitem Publikum, wie der kanadischen CBC sowie einem Ableger des britischen BBC, übernommen wurde. In New York lernte er 1957 Federico Fellini kennen, der zu diesem Zeitpunkt soeben mit dem Oscar ausgezeichnet worden war. Zurück in Europa, trifft er Fellini erneut in Rom und plant ein Buch über ihn. 1961 lässt er sich in Rom nieder (das Buch über Fellini ist, trotz eines Vertrags mit dem Verlag Simon&Schuster, nie entstanden, stattdessen arbeitete Bachmann als Fotograf auf dem Set von 8 ½ sowie als Autor eines Dokumentarfilms zu dessen Satyricon, ein »Backstage ante litteram«).
Wie genau der damals vierunddreißigjährige Bachmann den turbulenten Auftritt Pasolinis auf der Bühne Venedigs erlebte, bzw. was er davon verstanden hat, ist schwer zu sagen. Die stark polemische Stimmung der Pressekonferenz, auf die er Pasolini während ihres ersten persönlichen Treffens, zwei Jahre später, anspricht, die besonderen Umstände, die Pasolini im Geleit von befreundeten oder solidarischen Schriftstellern wie Gadda und Moravia auftreten ließen, waren internen Dynamiken der italienischen Literatur- und Kulturszene geschuldet, mit welchen Bachmann damals noch kaum vertraut sein konnte. Sein Blick auf die Ereignisse war der eines Cinephilen mit kosmopolitischem Hintergrund. Den Veränderungen des kulturellen Felds in Italien im Zug der Entstehung der Unterhaltungsindustrie, den Spannungen nach dem Ende der neorealistischen Blütezeit und den damit verbundenen politischen Hoffnungen – diesen und weiteren spezifischen Voraussetzungen stand er weitgehend fremd gegenüber.
Das zeigen nicht nur die ersten Begegnungen von 1963, als Bachmann in Haltung und Ton noch als selbstbewusster amerikanischer Radiojournalist auftritt und Pasolini nach einigen Minuten versuchter gegenseitiger Verständigung etwas frustriert feststellt, dass sie ihre »Sprachen nicht miteinander in Einklang bringen können« – und damit wohlgemerkt nicht allein auf die holprige englisch-italienische Sprachvermittlung verweist. Auch später, als Bachmann seine Interviews oder, besser, Gespräche – ein Begriff, der den mäeutischen Charakter seiner Interaktionen stärker geltend macht – in wackligem Italienisch zu führen beginnt, versteht er wenig vom epistemischen Rahmen, in dem sich Pasolini bewegt.


Anmerkungen

Vol. 1: Pasolini-Bachmann – Gespräche (1963-1975), 261 Seiten
Vol. 2: Kritischer Kommentar v. Fabien Vitali, 583 Seiten

Ersteller des Eintrags
Fabien Vitali
Erstellungsdatum
Donnerstag, 21. April 2022, 11:50 Uhr
Letzte Änderung
Sonntag, 24. April 2022, 22:25 Uhr