Die indirekte Kommunikation (Monographie)

Reflexionen über die Kunst des Impliziten in der französischen Literatur


Allgemeine Angaben

Autor(en)

Michael Bernsen

Verlag
De Gruyter
Stadt
Berlin / Boston
Publikationsdatum
2021
Weiterführender Link
https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110758009/html
Art der Publikation
978-3-11-0751765-1
Thematik nach Sprachen
Französisch
Disziplin(en)
Literaturwissenschaft

Exposé

Das Buch befasst sich mit einem besonders auffälligen kulturellen Phänomen: Jeder der in Frankreich zu tun hat, wird mit der dort vorherrschenden indirekten Form der Kommunikation konfrontiert.
Insbesondere Deutschen fällt aufgrund ihrer ganz anders gearteten Art und Weise des Umgangs und Sprechens auf, dass man in unserem Nachbarland neben der Beherrschung der Sprache insbesondere die Kunst des Impliziten beherrschen muss, um ins Gespräch zu kommen.
Nachgegangen wird der Frage, in welcher Zeit und aus welchen Gründen sich die indirekte Kommunikation in Frankreich als Habitus herausgebildet und verfestigt hat. Gezeigt wird, wie die Literatur über die Kunst des Impliziten nachdenkt und welche Rolle diese Kunst in der kulturellen Ausnahmestellung (‚exception culturelle‘) Frankreichs in Europa einnimmt, die das Land sich seit Jahrhunderten zugute hält. Anhand von herausragenden Beispielen der französischen Literatur vom 16. bis zum 21. Jahrhundert werden die Reflexionen über die indirekte Form des Sprechen analysiert.
Das Buch ist aus einer mehrfach gehaltenen Vorlesung zur Frage der Interkulturalität in der deutsch-französischen Begegnung hervorgegangen. Es gehört in die Rubrik einer interkulturellen Literaturgeschichte.

Inhalt

1 Einleitung | 1
2 Der Habitus der indirekten Kommunikation und die Mentalitätsgeschichte | 13
3 Französische und deutsche Kommunikationsformen im Kontext der Diskussion um ‚Zivilisation‘ versus ‚Kultur‘ | 25
3.1 Die Bedeutung mythisierender Konzepte wie ‚Zivilisation‘ und ‚Kultur‘ in der deutsch-französischen Begegnung | 25
3.2 Französische ‚Zivilisation‘ | 27
3.3 Deutsche ‚Kultur‘ | 30
3.4 Zivilisation und Kultur nach 1945 | 36
4 Die Herausbildung mentaler Grundeinstellungen in Frankreich und in Deutschland und die Wahrnehmung des jeweils Anderen in der deutsch-
              französischen Begegnung | 39
4.1 Einleitung | 39
4.2 Frankreichs ‚exception culturelle‘: die französische Eigenwahrnehmung und die deutsche Perspektive auf das Land | 42
4.3 Die Bewusstwerdung einer eigenständigen Kultur in Deutschland und die französische Wahrnehmung dieser Eigenständigkeit
                    als ‚les deux Allemagnes‘ | 57
5 ‚Je parle donc je suis‘? Besonderheiten französischer Kommunikation | 71
5.1 Der ‚esprit de conversation‘ in Frankreich und in Deutschland | 71
5.2 Die Entstehung der ‚exception culturelle‘ der französischen Konversation als Folge des Zentralismus | 83
6 Die französische Kommunikation zwischen Ideal und Wirklichkeit | 101
6.1 Der paradoxe Habitus französischer Kommunikation und seine historische Entstehung | 101
6.2 Die indirekte Kommunikation, eine moralisch-ästhetische Perfektion oder eine Form der Verstellung? | 105
7 Im Vorhof der indirekten Kommunikation: Clément Marot und die Entstehung einer Dichtung der ‚causerie facile‘ als fingierte mündliche Konversation |              129
7.1 Gesellschaftliche und ideengeschichtliche Bedingungen der Kommunikation im 16. Jahrhundert | 129
7.2 Marots Testament seines Vaters Jean Marot und die Rolle des Hofdichters | 136
7.3 Die indirekte Ansprache an den Herrscher: der Bittbrief als politische Satire | 146
8 Madame de La Fayette, La Princesse de Clèves – ein Roman über die Unmöglichkeit von Aufrichtigkeit und direkter Äußerung | 157
8.1 Indirektes Sprechen zwecks Verführung durch den ‚galant homme‘ | 162
8.2 Der ‚aveu‘ der Madame de Clèves im Zeichen der ‚sincérité‘ und die Unmöglichkeit der Überwindung des indirekten Sprechens | 167
8.3 Mme de Clèves als ‚femme galante‘: Indirektes Sprechen als Selbstanalyse | 172
9 ‚Diversité, c’est ma devise‘: La Fontaine und die Vielfalt der Formen indirekten Sprechens | 179
9.1 Die direkte Form der Äußerung als ‚divertissement‘: La Cigale et la fourmi | 182
9.2 Die indirekte Form der Äußerung als Schmeichelei und vergiftetes Lob: Le Corbeau et le renard | 186
9.3 Le pouvoir des fables: Ein frühes Beispiel des ‚storytelling‘ | 192
9.4 Sprechen im Angesicht der absoluten Macht und Sprechen über die absolute Macht | 195
10 Molières Komödie über das aufrichtige Sprechen: Le Misanthrope | 201
10.1 Aufrichtiges oder verdecktes Sprechen? Das Gespräch zwischen Alceste und Philinthe zu Beginn des Misanthrope | 203
10.2 Indirektes Sprechen und die Sprache der Literatur: Alcestes Kritik am Sonett des Oronte | 206
10.3 Das Scheitern des indirekten Sprechens im Zeichen der ‚complaisance‘: die ‚scène des portraits‘ und das Gespräch zwischen Célimène und Arsinoé                    im zweiten und dritten Akt des Misanthrope | 209
10.4 Das Scheitern der ‚sincérité‘ im Fall des Alceste | 214
11 Kommunikation im Zeichen der Aufrichtigkeit: Jean-Jacques Rousseau versus Denis Diderot | 217
11.1 Die veränderten Vorzeichen der Kommunikation in der Aufklärung | 217
11.2 Rousseaus Kritik an der Konversation der Pariser Salons | 220
11.3 Diderots begeisterte Schilderung der Salonkonversation und ihrer Kehrseiten | 226
11.4 Die deutsche Reaktion der Aufklärung auf die indirekte Kommunikation in Frankreich | 231
12 Der ‚libertinage‘ als Hohe Schule des indirekten Sprechens | 235
12.1 Die Erotik des indirekten Sprechens bei Claude-Prosper Jolyot de Crébillon | 239
12.2 Verstellung und erotische Intrigue bei Choderlos de Laclos | 246
13 Die Literatur als Ort der Aufbewahrung des indirekten Sprechens aus der Konversation: Honoré de Balzac | 255
13.1 Die veränderte Kommunikationssituation im 19. Jahrhundert | 255
13.2 Die Konversation der Figuren und die des Erzählers mit dem Leser: Les secrets de la princesse de Cadignan | 262
13.3 Konversation und das Implizite: Une conversation entre onze heures et minuit | 271
14 Der Streit um die Konversation zwischen Charles-Augustin Sainte-Beuve und Marcel Proust | 275
14.1 Literaturkritik als ‚causerie‘: die ‚l’homme-et-l’œuvre‘-Forschung bei Sainte-Beuve | 275
14.2 Prousts Zurückweisung der ‚causerie du salon‘ in seiner Schrift gegen Sainte-Beuve | 284
14.3 Prousts Sezierung der Kunst des Impliziten in der Konversation | 287
15 Von der Kunst des Impliziten zur Last des Verborgenen bei Nathalie Sarraute | 295
15.1 Sarraute und die Entdeckung der ‚sous-conversation‘ | 295
15.2 ‚Tropismen‘ in der indirekten Kommunikation | 301
16 Yasmina Reza: der ‚art de l’implicite‘ als ‚art du carnage‘ | 321
17 Schlussbemerkung und Ausblick | 331
             Bibliographie | 337
             Personenverzeichnis | 355


Anmerkungen

keine

Ersteller des Eintrags
Michael Bernsen
Erstellungsdatum
Dienstag, 24. Mai 2022, 11:37 Uhr
Letzte Änderung
Sonntag, 29. Mai 2022, 22:01 Uhr