Paranoide Fiktionen (Monographie)

Kapitalismus- und Erkenntniskritik in Ricardo Piglias Kriminalromanen


Allgemeine Angaben

Autor(en)

Lina Wilhelms

Verlag
Metzler
Stadt
Berlin
Stadt der Hochschule
Paderborn
Publikationsdatum
2024
Abgabedatum
August 2022
Auflage
1
Reihe
Kriminalität in Literatur und Medien 7
Weiterführender Link
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-662-67970-8
Art der Publikation
978-3-662-67969-2, 978-3-662-67970-8 (eBook)
Thematik nach Sprachen
Spanisch, Sprachübergreifend
Disziplin(en)
Literaturwissenschaft

Betreuer

Wolfram NitschStefan Schreckenberg


Exposé

Ricardo Piglias Kriminalromane haben das Genre kritisch beleuchtet und erneuert. Die Untersuchung kapitalismus- und erkenntniskritischer Perspektiven in Plata quemada, Blanco nocturno und El camino de Ida verbindet literaturtheoretische mit -historischen Reflexionen. Ausgehend von der These, dass die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft sowie Diskurse um Aufklärung und Positivismus zentrale Entstehungsbedingungen des Kriminalromans sind, wird nach den Möglichkeiten und Grenzen ihrer Kritik sowie einer dem Genre inhärenten Dialektik gefragt. Mithilfe marxistischer und poststrukturalistischer Ansätze werden Piglias Romane vor dem Hintergrund des argentinischen Kontexts als postmoderne littérature engagée analysiert.

Inhalt

1 Einleitung
2 Kriminalliteratur: Genese, Entwicklung und Poetik einer Gattung
2.1 Entstehungsbedingungen des Kriminalromans im 18. und 19. Jahrhundert
2.1.1 (Kriminal-)Literatur als Ware: Ein Produkt des Kapitalismus
2.1.1.1 Die Genese von Kapitalismus und Kriminalliteratur
2.1.1.2 Der klassische Kriminalroman als Diskursverstärker
2.1.1.3 Golden Age und hardboiled-novel
2.1.2 (Kriminal-)Literatur als Erkenntnis: Im Geist der Aufklärung
2.1.2.1 Philosophische und kriminalliterarische Aufklärung. Rationalisierte Rätsel und disengaged reason im mechanistischen Weltbild
2.1.2.2 Naturzustand und Gesellschaftsvertrag. Schutz bürgerlichen Privateigentums und modernes Subjektverständnis
2.1.2.3 Detektivarbeit zwischen Mut zum Verstand und Gehorsam. Instrumentelle Vernunft und Abkehr von den Fragen des Lebenssinns
2.1.2.4 Kritische Aufklärer. Voltaire als detektivischer homme de lettres und Rousseaus Kapitalismuskritik avant la lettre
2.1.2.5 Ökonomische Fiktionen und Rückfall in Mythologie. Die Robinson-Natur des Menschen und der Detektiv als homo oeconomicus
2.1.3 (Kriminal-)Literatur als Suche: Das Zeitalter der Paranoia
2.1.3.1 Paranoia und Schizophrenie als Effekte der kapitalistischen Gesellschaft
2.1.3.2 Der paranoische Staat in der kapitalistischen Moderne
2.1.3.3 Die paranoische Literatur der Moderne als Antwort auf die ‚Scheinhaftigkeit‘ des Kapitalismus?
2.1.3.4 Abweichungen unter Verdacht: Paranoia, Positivismus und Indizienparadigma
2.1.3.5 Komplottformen, Verschwörungsdenken und fcción paranoica im nationalen Industrie- und globalen Finanzmarktkapitalismus
2.2 Kriminalliteratur in Argentinien
2.2.1 Argentinische Vorläufermodelle: Von gauchos malos und gauchos rastreadores
2.2.1.1 Gauchos malos im Aufbegehren gegen die moderne Staatlichkeit
2.2.1.2 Gauchos rastreadores als Detektive im Dienst der staatlichen Autorität
2.2.2 Modifzierungen des europäischen und angloamerikanischen Schemas
2.2.2.1 Der frühe Dialog mit den europäischen und angloamerikanischen Modellen
2.2.2.2 Ausdifferenzierungen: Roberto Arlt und Jorge Luis Borges
2.2.3 Kriminalliteratur im Angesicht staatlicher Gewalt. Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts
2.2.3.1 Rodolfo Walsh und die Unmöglichkeit des policial puro
2.2.3.2 Género negro und neopolicial in Argentinien und Lateinamerika
3 Kapitalismuskritik in Ricardo Piglias Kriminalromanen
3.1 Kapitalismuskritik in Plata quemada (1997)
3.1.1 Das Rätsel des Geldes
3.1.2 Plata quemada in der Tradition des género gauchesco: La ida sin vuelta del Gaucho Rubio
3.2 Kapitalismuskritik in Blanco nocturno (2010)
3.2.1 Aufstieg und Niedergang einer Fabrik als Symbol des Industriekapitalismus. Anachronien als Mittel der Kritik
3.2.2 Widersprüche und Ungleichzeitigkeiten in der kapitalistischen Gesellschaft. Intrigen, Korruption und Verbrechen im Mikrokosmos einer Dorfgemeinschaft
3.3 Kapitalismuskritik in El camino de Ida (2013)
3.3.1 Globalisierter Kapitalismus ohne Alternative? Antagonismen und Apokalypse in El camino de Ida
3.3.2 (Zur Kritik der) Gewalt und Formen des Terrorismus in El camino de Ida
4 Erkenntniskritische Perspektiven in Ricardo Piglias Kriminalromanen
4.1 Von der Disziplinar- zur Kontrollgesellschaft. Krisenhafte Heterotopien und das (Post-)Panoptikum in Ricardo Piglias Kriminalromanen
4.1.1 Ein- und Ausschließungen im Kriminalroman
4.1.2 Einschließungsmilieus und Abweichungsheterotopien als Orte der Repression und widerständigen Sprechens
4.1.3 Das Panoptikum als Sichtbarkeitsregime. Sehen und Gesehenwerden im Spiel von Licht und Schatten
4.1.4 Von der Disziplin zur Kontrolle. Krisenhafte Ablösungsprozesse und Koexistenzen
4.2 Paranoia und Schizophrenie. Repression und Widerstand im Piglianischen Kosmos des Kriminalromans
4.2.1 Re- und Deterritorialisierung als ‚double mouvement‘ des Kapitalismus
4.2.2 Die Vertreter des Staates als repressiv-paranoische Ermittler
4.2.3 Paranoia in der Zivilbevölkerung
4.2.4 Komplott-Gedanken, Verschwörungsillusionen und agency panic in der fcción paranoica
4.2.5 Schizo-kreatives Potenzial und Widerstand
4.3 Die Suche(n) nach Wahrheit und die Problematisierung von Erkenntnis in Piglias Kriminalromanen
4.3.1 Die Vertuschung der Wahrheit durch Vertreter der Macht und das Umschlagen der Aufklärung in Mythologie
4.3.2 Kritisch-dialektische Perspektiven. Die philosophische Untersuchung des Kommissars und rastreadors Croce
4.3.3 Alternative und ambivalente Erkenntnisstrategien: Traum und Rausch, Erinnerung und Archiv, ein Leuchten im Dunkel und der Flug der Eule
4.3.4 Polyphonie und unzuverlässiges Erzählen: Misstrauen in ‚offzielle‘ Realitäten
4.3.5 Literatur als Ausweg. Lesende Terroristen, femmes de lettres und erzählende Detektive zwischen Fiktion und Realität (und der Platz der Utopie im Kriminalroman)
5 Fazit
Literatur


Anmerkungen

Ausgezeichnet mit dem Elise Richter-Preis des Deutschen Romanistenverbands 2023

Ersteller des Eintrags
Lina Wilhelms
Erstellungsdatum
Samstag, 03. Februar 2024, 21:23 Uhr
Letzte Änderung
Sonntag, 04. Februar 2024, 20:39 Uhr