Terror und Roman (Monographie)

9/11-Diskurse in Frankreich und Spanien


Allgemeine Angaben

Autor(en)

Ursula Hennigfeld

Verlag
Winter
Stadt
Heidelberg
Publikationsdatum
2021
Auflage
1
Reihe
Studia Romanica Band 229
Weiterführender Link
https://www.winter-verlag.de/de/detail/978-3-8253-4858-8/Hennigfeld_Terror_und_Roman/
ISBN
978-3-8253-4858-8 ( im KVK suchen )
Thematik nach Sprachen
Französisch, Spanisch
Disziplin(en)
Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft
Schlagwörter
11. September, Terrorismus, Trauma, Terror, War on Terror, Zäsurtopos, Nine Eleven

Exposé

Der 11. September 2001 gilt als weltverändernde Zäsur und transnationales Medienereignis. Selten ist jedoch ernsthaft überprüft worden, ob die These von der globalen Zäsur auch für unsere europäischen Nachbarn gilt. Bei dieser Forschungslücke setzt die Studie an: Die Rezeption der New Yorker Terroranschläge in Frankreich und Spanien wird anhand von öffentlichen Diskursen, wissenschaftlichen Arbeiten und fiktionaler Verarbeitung in Romanform untersucht. Die Interpretation des 11. September 2001 unterscheidet sich nämlich interkulturell, da sie mit spezifisch nationalen Erinnerungsdiskursen verbunden wird. So hat z.B. Spanien durch ETA eine lange Terror-Vorgeschichte und wird 2004 mit den Madrider Zuganschlägen selbst zur Zielscheibe von Al Qaida.
In historischer Perspektivierung von ‚Terror‘ und ‚Terrorismus‘ zeigt die Studie, welche Rolle die Französische Revolution oder der Zweite Weltkrieg für unser heutiges Verständnis von Terrorismus spielen. Der zweite Teil präsentiert die Arbeiten französischer und spanischer Wissenschaftler aus mehreren Disziplinen (Philosophen, Politologen, Soziologen, Medienwissenschaftler, Historiker und Psychotherapeuten). Sie kritisieren vor allem die mediale Berichterstattung über die Anschläge und die Rede vom ‚Kampf der Kulturen‘ (Huntington). Erstmals werden 14 französische und 16 spanische Romane über die New Yorker und Madrider Attentate ausführlich analysiert, die außerhalb der jeweiligen Länder noch weitgehend unbekannt sind.

Die Studie arbeitet problematische Vereinfachungen auf: Der direkte oder indirekte Vergleich von 9/11 und Shoah banalisiert die Vernichtung der europäischen Juden. Die biologistische Metapher vom ‚Terrorismus als Virus‘ entspringt rassistischen Diskursen. Die fiktionalen Attentäter entsprechen bestimmten kulturellen Klischees, religiöser Fanatismus wird als Motiv jedoch systematisch ausgeblendet. Interessant sind folgende neue Aspekte: Die Romane arbeiten sich obsessiv an den Falling Men ab, d.h. den aus den Twin Towers springenden Menschen. Die zahlreichen Anrufe zukünftiger Toter aus dem World Trade Center oder den gekidnappten Flugzeugen werden zum literarischen Leitmotiv. Obwohl 9/11 auch in Frankreich und Spanien als kollektive Zäsur gesehen wird, unterscheiden sich die historischen Vergleiche je national. Während in Frankreich tendenziell eine stärker USA-kritische Haltung überwiegt, appelliert Spanien stärker an Solidarität und globale Verantwortung.

Inhalt

Einleitung 3

I. Terror und Terrorismus – Versuch einer Begriffsschärfung 16
1. Terror als ästhetische Kategorie (Montaigne, Pascal, Encyclopédie) 16
2. La Terreur: Terror und Revolution (Marat, Robespierre) 19
3. Terror als Merkmal totalitärer Herrschaft (Arendt, Lübbe, Laqueur, Sofsky) 24
4. Humanismus und Terror (Merleau-Ponty, Camus, Sartre) 31
5. Zusammenfassung 35

II. Die Rezeption des 11. September 2001 in Frankreich und Spanien 38
1. Frankreich 38
1.1 Französische Diskurse über den Onze Septembre (Nancy, Crépon, Rancière, Badiou, Debray, Roy, Kepel) 38
1.2 Terrorismus als Virus (Baudrillard) 45
1.3 Die Rückkoppelungsschleife des Imaginären (Virilio) 51
1.4 Die sprachliche Monumentalisierung des Ereignisses (Derrida) 56
2. Spanien 63
2.1 Spanische Diskurse über den 11-S (Savater, Avilés, Vicent, Subirats, Reinares) 63
2.2 Verzeihen als Traumabewältigung (Rojas Marcos) 69
2.3 Terror und Angst (Duque) 71
3. Zusammenfassung 76

III. Die literarische Verarbeitung des 11. September 2001 in französisch- und spanischsprachigen Romanen 81
1. Die Erzählung des Unsagbaren 81
2. Der Attentäter als ‚radikaler Verlierer‘ 96
3. 9/11 als Fenstersturz 110
4. Nachhall des Lebens: 9/11 und die Stimmen 116
5. Zäsurtopos und historische Vergleiche 123
6. Zusammenfassung 135

IV. Die Rezeption des 11. März 2004 in Spanien 138
1. Spanische Diskurse über den ‚11-M‘ 138
2. Madrid, marzo, ‚moros‘: Spanische Romane über die Madrider Anschläge 140
3. Zusammenfassung 154

Fazit 156

Bibliographie 162


Anmerkungen

Der 11. September 2001 gilt als weltverändernde Zäsur und transnationales Medienereignis. Selten ist jedoch ernsthaft überprüft worden, ob die These von der globalen Zäsur auch für unsere europäischen Nachbarn gilt. Hier setzt die Studie an und untersucht die Rezeption des “Onze Septembre” bzw. “11-S” in Frankreich und Spanien. Neben einer Begriffsschärfung und historischen Perspektivierung von ‘Terror’ und ‘Terrorismus’ stellt die Arbeit zentrale Thesen französischer und spanischer Wissenschaftler aus Geschichte, Philosophie, Politik- und Medienwissenschaft vor. Französische und spanische Romane über “9/11” und die Madrider Zuganschläge im Jahr 2004 werden umfassend systematisch analysiert. Wie sich die Romane einem Ereignis nähern, dass sich auf den ersten Blick der Interpretation und Sinnstiftung entzieht, wird anhand von narrativen Mustern, Mythen und Metaphern nachvollzogen. Dabei geht es auch um die Frage, welche Rolle fiktionaler Literatur angesichts von globalem Terrorismus zukommt und wie globale Ereignisse mit nationalen Erinnerungsdiskursen verknüpft werden.

Ersteller des Eintrags
Ursula Hennigfeld
Erstellungsdatum
Montag, 06. September 2021, 09:21 Uhr
Letzte Änderung
Dienstag, 07. September 2021, 09:24 Uhr