Stadt: Halle (Saale)

Frist: 2015-08-15

Beginn: 2016-03-03

Ende: 2016-03-05

URL: http://www.italianistenverband.de/italianistentag/halle-2016/

Vorabendserien, Soap-Operas, Telenovelas, Familiensagas, Serienermittler im Kriminalroman, Comicreihen oder mehrbändige Fortsetzungsromane prägen so sehr das Erscheinungsbild gegenwärtiger Populärkultur, dass Serialität zum Strukturprinzip moderner Medialität schlechthin geworden ist. Dieses Prinzip weist zurück auf die Erfindung der Massenliteratur zu Beginn des 19. Jahrhunderts, auf den Feuilletonroman und die ihn ermöglichenden Bedingungen des Zeitungs- und Buchmarktes. Augustin Sainte-Beuve hat sie deshalb als „littérature industrielle“ abqualifiziert, als am Fließband hergestellte, auf dem Prinzip der Unabgeschlossenheit beruhende Konsumliteratur, deren Bauprinzipien der Fortsetzung sich keinen ästhetischen, sondern rein kommerziellen Notwendigkeiten verdanken. Das Gegenbild zu dieser populären Serialität war im 19. Jahrhundert das „Werk“, das seine durchkomponierte Abgeschlossenheit entweder einem Denken klassischer Proportionalität, natürlicher Organizität oder der Kreativität und Emotionalität des Genies verdankte, das allein „Originale“, Einzelstücke hervorbringt. Diese Vorstellung des Kunstwerks als auratischer Solitär hat sich lange, weit über das 19. Jahrhundert hinaus als Signum von Hochkultur gehalten und wurde von literaturtheoretischen Moden der Moderne perpetuiert – vom Kunstwerk als „well wrought urn“ im New Criticism eines Cleanth Brooks bis zur Werkimmanenz der deutschen Germanistik der 1950er und 1960er Jahre. Die Massenkultur und ihr Prinzip der Serialität fanden sich in den Schatten der Trivialität getaucht und als Nicht-Kunst abqualifiziert – darin sind sich auch Horkheimer/Adorno in Dialektik der Aufklärung mit den frühen Büchern Umberto Ecos zur Massenkultur (Il superuomo di massa, 1976) einig.

Diese Desavouierung von Serialität zugunsten von Singularität findet ihre tiefere Begründung in der im Neukantianismus des 19. Jahrhunderts aufgelegten ästhetischen wie wissenschaftstheoretischen Opposition zwischen Geistes- und Naturwissenschaften: Während erstere auf das Idiographische, die Beschreibung des Singulär-Individuellen festgelegt werden, basieren Naturwissenschaften auf dem Prinzip des Nomothetischen, der entindividualisierenden Offenlegung von Gesetzmäßigkeiten (Windelband, Rickert). Hatte das Singuläre in der bis ins 18. Jahrhundert gültigen (aristotelischen) Wissenschaftsauffassung des „De singularibus non est scientia“ keinen Platz, wird es im 19. Jahrhundert zum Angelpunkt einer „Poetik der Differenz“ (J.M. Lotman) und geisteswissenschaftlich-idiographischer Theoriebildung.

Mit dem russischen Formalismus und linguistischen Strukturalismus des frühen 20. Jahrhunderts (wie dem literatur- und kulturtheoretischen Strukturalismus seit den 1960er Jahren) hat sich die historische Opposition Idiographisch vs. Nomothetisch soweit aufgelöst, dass Reihenbildungen und Serialität als Grundprinzipien kultureller Artefakte (Sprache, kulturelle Handlungen, Texte etc.) in den Fokus geraten konnten: jeder individuelle Sprachakt, jede kulturelle Praxis, jedes Artefakt als Realisierung eines Regelsystems und damit Element einer unsichtbaren Serie, in der jedes Element die Grundlage einer mimetischen Weiterschreibung der Serie bietet. Die implizite Serialität von Handlungen in der Perpetuierung von Gewalt wird so etwa bei R. Girard zum Basismodell kulturwissenschaftlicher Theorie. Aber auch in der Phänomenologie des 20. Jahrhunderts gewinnt die Reihenbildung einen besonderen Stellenwert für die Wahrnehmbarkeit von Kontinuen wie Zeit oder Musik: Erst im Vergegenwärtigen früherer Elemente einer kontinuierlichen Folge wird diese erfahrbar, ein Melodieerlebnis stellt sich ein, wenn frühere Töne mitgehört (Husserl nennt das Retention) und folgende antizipiert werden (als Protention).

So gewinnen Reihenbildungen gerade bei den Taktgebern moderner ästhetischer Theorie eine neue Prominenz. Doch die sich in jedem Exemplar realisierende implizite Serialität war der historischen, von der Antike bis ins 18. Jahrhundert in unterschiedlicher Spielart gültigen „Poetik der Identität“ (J.M. Lotman) immer schon inhärent: Mimesis und Imitatio auctorum haben stets zur expliziten Serienbildung von Artefakten geführt, sei es in Kooperation mehrerer Autoren wie in den Tenzonen des Mittelalters, den continuazioni des Ritterromans (Ariosto, Boiardo) wie des Barockromans, der Nachahmung Petrarcas im Petrarchismo wie auch seiner Komisierung im Antipetrarchismo, in Parodien etc. Aber auch einzelne Autoren haben sich stets serieller Techniken bedient: in den in die Prozessualität der Liebesgeschichte eingefügten paradigmatischen Gedichtsequenzen in Petrarcas Canzoniere, im Überwuchern des Prozessualen durch Serialität in Lyriksammlungen des Manierismus und des Barock (Paterno, Marino), in der prinzipiell nach Serialität strebenden Anlage des barocken Schäferromans, der zu vielbändigen, beliebig fortsetzbaren Monsterromanen führte (G.B. Menzini).

Dass Serialität aber kein historisch an die Imitatio-Poetik gebundenes, sondern allenfalls durch die Romantik kurzzeitig unterbrochenes Grundprinzip kultureller Medienproduktionen ist, zeigen die großen Romanzyklen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts (Balzac, Zola, Verga, De Roberto, Martin du Gard, Proust, Bacchelli), die strukturelle Serialität der italienischen Neoavanguardia (Manganelli, Centuria; Calvino, Se una notte d’inverno un viaggiatore) und das Revival barocker Erzählformen romanesker Unabgeschlossenheit in den populären Medien- produkten der Gegenwart in Italien wie anderswo: in Reihen historischer Romane (R. Monaldi und F. Sorti, Imprimatur 2002 etc.), in Serien von Kriminalromanen mit quasi konstant blei- benden Hauptfiguren oder auch in international erfolgreichen TV-Serienproduktionen wie Fantaghirò (1991-1996), Elsa di Rivombrosa (2003-2007) oder Gomorrha (seit 2014).

Auch in der Sprachwissenschaft spielt Serialität eine zentrale Rolle als grundlegendes Struktur- bzw. Strukturbildungsprinzip. Serialität manifestiert sich zunächst einmal in Form des Prinzips der Linearität sprachlicher Äußerungen, d.h. auf der syntagmatischen Ebene, aber natürlich setzt die Abfolge der einzelnen Elemente auf den verschiedenen sprachlichen Strukturebenen auch zugrunde liegende paradigmatische Ordnungen voraus.

Das Prinzip der Serialität stellt weiterhin eine zentrale Grundlage für die Kombinatorik von Merkmalen, Einheiten und Mustern zur Ausbildung übergeordneter sprachlicher bzw. textlicher Einheiten dar. Die Rekurrenz von Merkmalen, Einheiten und Strukturbildungsmustern bei der Ausbildung größerer Struktureinheiten schließt dabei immer auch die Möglichkeit der Variation mit ein, d.h. Serialität bedeutet nicht immer nur die Rekurrenz gleicher Strukturbildungselemente und -prinzipien, sondern auch deren Entfaltung in der Variation.

Das Prinzip der Serialität lässt sich sowohl im Hinblick auf die verschiedenen Ebenen des Sprachsystems (von der Laut- über die Morphem- bis zur Satzebene) ausbuchstabieren als auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Analysedimensionen festmachen. So stellt Rekurrenz im Rahmen der Diskurstypen bzw. Diskurstraditionen ein grundlegendes diskurskonstituierendes Prinzip dar. Darüber hinaus ist es das eigentliche Gestaltungsprinzip spezifischer Diskurstraditionen wie etwa des Comics, des Fortsetzungsromans oder auch von digitalen kommunikativen Praktiken.

In Anlehnung an die hier vorgestellten literatur-, kultur- und sprachwissenschaftlichen Aspekte spielt Serialität als „Strukturprinzip moderner Medialität“ aus didaktischer Sicht in der gymnasialen Oberstufe (bzw. der Sekundarstufe II oder Qualifikationsphase) bei der Auswahl der Unterrichtsmedien aus dem Bereich Populärkultur eine wichtige Rolle. Soap-Operas, Telenovelas, Comicreihen oder Fortsetzungsromane z.B. werden für den Fremdsprachunterricht aufbereitet und mit Lernenden analysiert.

Darüber hinaus bietet sich allerdings noch eine weitere, spracherwerbsspezifische Interpretation der ‚Serie‘ an. Fremdsprachenunterricht lebt u.a. vom ‚roten Faden‘, der Serialität auszeichnet: Zu Beginn des Zielsprachenerwerbs begleitet in der Regel die ‚Lehrwerkfamilie‘, wiederkehrende Identifikationsfiguren im Lehrbuch, die Unterrichtsphasen, die in inhaltlicher und methodischer Hinsicht sowohl einer stetigen Progression, aber auch regelmäßiger Wiederholung unterliegen. Dies gilt u.a. auch für grammatische Strukturen wie für den Bereich des Wortschatzes. Im Spracherwerbsprozess bzw. – allgemeiner – im Lernprozess an sich werden thematische und didaktisch-methodische ‚Serien‘ fortgesetzt.

Sektion Literaturwissenschaft

Leitung: Marc Föcking (Hamburg) und Barbara Kuhn (Eichstätt)

Das Phänomen der Serialität prägt keineswegs erst die Populärkultur der letzten Jahrzehnte. Vielmehr durchzieht es die italienische Literatur und die Auseinandersetzung mit ihr seit ihren Anfängen, und es lässt sich bis in die Gegenwart beobachten. Als eine Art fokussierender Parameter erlaubt es daher, einen neuen Blick auf die Geschichte(n) der italienischen Literatur und auf den wissenschaftlichen Dialog mit ihr zu werfen. So entsteht etwa in den einzelnen Jahrhunderten in je unterschiedlicher Weise eine Spannung zwischen dem einzelnen Text und
‚seiner‘ Serie, der ‚Reihe‘, in die er sich explizit oder implizit einschreibt. Dabei wäre auch das Verhältnis der ‚literarischen Reihe‘ zu dem der ‚Serie‘ zu klären, wenn das Konzept der Serialität nicht beliebig werden soll. Insofern besteht eines der Ziele der literaturwissenschaftlichen Sektion darin, über die Betrachtung der in der Folge von Geniekult und Romantik entstehen- den Hypostasierung des ‚Werks‘ hinauszugehen und eben dieses spannungsreiche Verhältnis von Text und Serie näher zu betrachten.

Hier ließen sich auch Fragen zur Wahrnehmung von Serialität in produktions- wie in rezepti- onsästhetischer Sicht, nicht zuletzt in ihrem Verhältnis zueinander, anschließen: die Frage, wie die Wahrnehmung oder Nicht-Wahrnehmung des Aspekts der Serialität die Entstehung und Lektüre von Texten modifiziert. Was geschieht etwa mit der Semantik eines einzelnen Gedichts aus Petrarcas Rerum vulgarium fragmenta oder aus petrarkistischen Canzonieri, wenn es aus dem Kontext der narrativen Abfolge herausgelöst wird, um in andere Reihen eingestellt zu werden, etwa in die im 16. Jahrhundert massenweise edierten Sonett-Anthologien? Konterkariert umgekehrt diese scheinbar beliebig wuchernde Serialität die vermeintliche Linearität einer Geschichte der ‚Herausbildung des modernen Subjekts‘, in der üblicherweise gerade dem Werk Petrarcas eine konstitutive Funktion und zentrale Position zugeschrieben werden? Insofern jeder Text “in una rete di linee che s’incrociano” (Calvino) steht, ist mit diesem Aspekt des Verhältnisses von Text und Serie zugleich die weitere Frage nach dem Phänomen sich kreuzender Reihenbildungen angesprochen, die ihrerseits sowohl für den Blick auf ‚Literatur als Geschichte‘ als auch für die Lektüre des Einzeltextes in Relation zur gleichermaßen konstitutiven Serialität essentiell scheinen. Aber auch Einzeltexte stellen sich als durch interne Serialität strukturiert dar, sei es Marinos Galleria, seien es die zunächst als Fortsetzungsserie publizierten und erst dann als ein Buch erschienenen Romane vor allem des 19. Jahrhunderts, seien es seriell angelegte Einzeltexte der (Post-)Moderne wie Manganellis Centuria oder Calvinos Città invisibili und Se una notte d’inverno un viaggiatore. Ein wichtiges Ziel der literaturwissenschaftlichen Sektion wird mithin die Frage sein, inwiefern Serialität als Struktur epochal völlig unterschiedliche poetologische, epistemologische und produktionsästhetische Funktionen übernimmt.

Sektion Kulturwissenschaft

Leitung: Robert Fajen (Halle)

Zu Unrecht hat der Begriff der Serialität in der kulturtheoretischen Diskussion bisher nur eine Nebenrolle gespielt. In den einschlägigen Lexika wird er, wenn überhaupt, nur mit kurzen Einträgen kommentiert. Ausführlichere Reflexionen beschränken sich gewöhnlich auf eng umgrenzte Kontexte, etwa wenn es – in kritischer Distanz – um Homogenisierungstendenzen der modernen Kulturindustrie oder – wohlwollender und mit nicht minder großer Emphase – um aktuelle anspruchsvolle Fernsehserien geht. Tatsächlich ist die Reihenbildung aber ein elementares Strukturprinzip, das, wie schon Umberto Eco in seinem immer noch lesenswerten Aufsatz „L’innovazione nel seriale“ (1985) angedeutet hat, bereits die kulturelle Produktion der Vormoderne kennzeichnet und sich dementsprechend verschiedenartig und vielförmig manifestieren kann. Mehr noch: Die Etablierung langfristig wirksamer kultureller Muster basiert oft, wenn nicht immer, auf dem generativen Grundschema der Serialität, nämlich der Kombination von Wiederholung und (minimaler) Variation. Indem Folge an Folge gereiht wird, bilden sich feste und beschreibbare Repertoires heraus, die ebendiese Reihenbildung, aus der sie hervorgehen, potentiell ins Unendliche perpetuieren. Weil sie auf Serialität beruhen, sind solche seriell konstituierten Repertoires in hohem Maße produktiv: Sie ermöglichen die Erzeugung von immer neuen Varianten eines impliziten Modells, die sich gerade nicht durch ihre Andersartigkeit, sondern durch ihre Wiedererkennbarkeit auszeichnen. Als zentrales Verfahren kultureller Repertoirebildung ist Serialität, so gesehen, auf der einen Seite ein zentraler Motor kultureller Dynamiken, da sie symbolische Formen vervielfältigt und verbreitet; auf der anderen Seite stellt sie aber auch – zumindest vordergründig – ein Prinzip kultureller Stabilisierung dar, indem sie orientierende Ordnungsschemata begründet und Identitätsangebote schafft.

Ziel der kulturwissenschaftlichen Sektion ist es, Serialität als ein wesentliches Strukturelement kultureller Produktivität und sozialer Orientierung in unterschiedlichen medialen Modellierungen zu untersuchen. Neben theoretischen Fragestellungen sind Themen aus allen Epochen der italienischen Geschichte denkbar, in denen jeweils spezifische kulturelle Muster zu erkennen sind: Mittelalter (z.B. serielle Pathosformeln in der italienischen Malerei); Renaissance (z.B. Reihenbildungen im musikalischen Madrigal; Repertoires höfischen Verhaltens), Barock und Rokoko (z.B. Serialität in religiösen Praktiken der Gegenreformation; Typenbildungen in der Commedia dell’arte) sowie Moderne und Postmoderne (z.B. kriminalbiologische Reihen; der Serienmord als neues Narrativ; Filmreihen mit wiederkehrenden Helden und Antihelden wie Maciste, Brancaleone oder Fantozzi; Soap-Operas wie Un posto al sole; Krimiserien wie La piovra und Comicserien wie Corto Maltese oder Sturmtruppen).

Sektion Sprachwissenschaft

Leitung: Martin Becker (Köln), Ludwig Fesenmeier (Erlangen)

Die sprachwissenschaftliche Sektion soll Raum für die Diskussion aktueller linguistischer For- schung im Hinblick auf die Rahmenfragestellung der „serialità“ bieten. Der Begriff der Seriali- tät kann dabei als gemeinsamer Bezugspunkt unterschiedlicher Fragestellungen dienen, die ebenso die Ebenen von System- und Diskurslinguistik in den Blick nehmen können wie diejenigen von Variations- und historischer Linguistik.

Serialität manifestiert sich in der Sprache zunächst einmal in Form des Prinzips der Linearität sprachlicher Äußerungen, also auf syntagmatischer Ebene bzw. in Beziehungen in praesentia, wobei diese natürlich – auf allen Ebenen der einzelsprachlichen Strukturierung – immer im Zusammenspiel mit den Relationen in absentia, also mit Blick auf die paradigmatische Ebene zu betrachten sind. Komplementär dazu tritt damit auch die Frage nach den Zusammenhängen zwischen Serialität und Strukturbildung in den Blick, auf der Ebene des Sprachsystems genauso wie im Hinblick auf textliche bzw. diskursive Strukturbildung. Von besonderem Interesse sind dabei nicht nur die Manifestationen des Prinzips der Serialität im Rahmen des Sprachsystems, sondern auch die Funktionsweise des Zusammenspiels von Konventionalität und kreativem Umgang mit diesem Prinzip in der Variation und Modifikation, die zunächst den Einzeldiskurs kennzeichnen, aber dann auch zur Quelle sprachlichen Wandels werden können.

Serialität manifestiert sich zunächst konkret in der Abfolge sprachlicher Elemente auf den unterschiedlichsten Strukturebenen (u.a. Phone(me), Morpheme, Syntagmen, Sätze), aber auch, auf abstrakterer Ebene, d.h. im Sinne einer Reihenbildung, in der Wiederholung von Merkma- len (features), d.h. als Rekurrenz(muster) von sprachlichen Einheiten, von Strukturbildungsregeln oder von Vertextungsmustern. Das Prinzip der Serialität stellt damit eine zentrale Grundlage für die Kombinatorik von Merkmalen, Einheiten und Mustern zur Ausbildung übergeordneter sprachlicher bzw. textlicher Einheiten dar. Die Rekurrenz von Merkmalen, Einheiten und Strukturbildungsmustern bei der Ausbildung größerer Struktureinheiten schließt dabei immer auch die Möglichkeit der Variation mit ein, d.h. Serialität bedeutet nicht immer nur die Rekurrenz gleicher Strukturbildungselemente und -prinzipien, sondern auch deren Entfaltung in der Variation.

Im Einzelnen lässt sich das Prinzip der Serialität auf den verschiedenen Ebenen der sprachlichen Strukturierung sowie im Hinblick auf die verschiedenen Analysedimensionen u.a. in der folgenden Weise ausbuchstabieren:

  • auf der Ebene der sprachlichen Struktur:
    o Prosodie: als Inventar grundlegender und wiederkehrender prosodischer Muster und ihrer möglichen Variationen bzw., in diachroner Perspektive, ihren Veränderungen;
    o Serienbildung in der Ausbildung morphologischer Paradigmen (inkl. Analogiebildung) und in der Wortbildung;
    o Reihenfolgebeziehungen innerhalb von Syntagmen und Sätzen;
    o Rekurrenz als Prinzip (morpho)syntaktischer Strukturbildung (Rekursivität);
    o semantische Relationen und die Rolle von Sem-Rekurrenzen;
  • auf der Ebene der sprachlichen Konventionalisierung (Normebene):
    o lexikalische Kookkurrenzphänomene;
    o Idiomatik;
    o Entstehung und Variation/Weiterentwicklung von Diskurstraditionen;
  • auf der Ebene des Diskurses:
    o Rekurrenz als diskurskonstituierendes Prinzip in Exemplaren bestimmter Diskurstypen bzw. Diskurstraditionen;
    o Zitate und Anspielungen, generell: der discorso riportato sowie umfassendere Phänomene der Intertextualität;
    o Comics, bestimmte Formen der Chat-Kommunikation, bestimmte Formen der Fortsetzungsliteratur, deren zentrales Konstituierungsprinzip die Serialität ist.

Sektion Fachdidaktik

Leitung: Ruedi Ankli (Basel), Sabine Paffenholz (Boppard), Sylvia Thiele (Mainz)*

Der Prozess des kontinuierlichen Aufbaus, durch einfache Repetition oder mittels einer Serie, gehört im Bereich der Fremdsprachenvermittlung u.a. zum Kerngeschäft. Das Thema des DIV für den Italianistentag 2016, Serialità – collane, continuazioni, puntate, eröffnet der Sektion Didaktik ein breites Feld an Möglichkeiten für Beiträge, von der Sprachvermittlung in Anfängerkursen bis zur anspruchsvollen Kulturvermittlung in fortgeschrittenen Kursen: fotoromanzi, cicli di canzoni, Zyklen von Erzählungen, Fernseh- und Filmserien etc. Hier bieten sich ideale Vernetzungs- und Anknüpfungspunkte mit literatur- und kulturwissenschaftlichen Themenschwerpunkten an, die einer didaktischen Transformation im Sinne Schumanns & Steinbrügges unterzogen werden können, um sie für die Sprach- und Kulturvermittlung fruchtbar zu machen.

Kreative Prozesse sind angesagt: Man beginnt eine Erzählung, lässt die Schülerinnen und Schüler sie weiter erzählen, kommt auf die diversen Lösungen zurück, vergleicht sie mit dem (noch vorbehaltenen) Original. Comics oder fotoromanzi z.B. könnten analysiert, ggf. neu mit Text in ‚leeren‘ Sprechblasen versehen oder auch weitergezeichnet und mit neuen Texten gestaltet
werden, um nur einige unterrichtspraktische Umsetzungsmöglichkeiten zu nennen.

Aber auch ganz zu Beginn des Italienischunterrichts, in der ersten Spracherwerbsphase, in der naturgemäß ein großes Gewicht auf dem Erwerb lexikalischer und grammatischer Aspekte liegt, wird Serialität eine zentrale Rolle spielen: Rituale, Muster und Wiederholungen, jedoch auch Abweichungen und Schlaglichter sind für den Wortschatz- und Strukturerwerb kennzeichnend, sie lassen Lern- und Lehrprozesse transparent werden und tragen zur Effektivität des Spracherwerbs bei.

‚Bis ripetuta placent‘, so heißt ein altes Prinzip. Zu viel Wiederholung kann aber ermüden, deshalb ist es wichtig, im Sprachlern- oder Sprachvermittlungsprozess auf zyklische Art und Weise vorzugehen, also mit Wiederholungen, aber gleichzeitig auch mit der Absicht, etappenweise einen Schritt weiter zu gehen, etwas Neues anzufügen und von der Einzelstunde bis zur Unterrichtsreihe eine kontinuierliche Progression hinsichtlich der Komplexität der Gegenstände und der (Lern-)Aufgaben zu gewährleisten.

Vortragsvorschläge werden mit der Bitte um eindeutige Zuordnung zu einer der vier Sektionen mit aussagekräftigen Exposés (insgesamt max. eine Seite, ggf. mit Bibliographie, italienisch oder deutsch) und einem Kurz-CV in einer PDF-Datei bis zum 15. August 2015 erbeten an Prof. Dr. Marc Föcking, marc.foecking@uni-hamburg.de

Beitrag von: Robert Fajen

Redaktion: Stefanie Popp