Stadt: Konstanz

Frist: 2017-10-15

Beginn: 2018-01-18

Ende: 2018-01-19

URL: https://www.exzellenzcluster.uni-konstanz.de https://www.litwiss.uni-konstanz.de/romanistik/

{La version française ci-dessous}

Begegnung als Ritual – Formen literarischer Darstellung / La ritualité des rencontres – modes de représentation littéraire
Call for Papers
zu einem Internationalen Workshop des Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen von Integration" vom 18. bis 19. Januar 2018 an der Universität Konstanz

Begegnungen sind Momente des Aufeinandertreffens von Gleichem oder auch Ungleichem, von Bekanntem, aber auch Unbekanntem in für die Beteiligten gewohnten beziehungsweise fremden Kontexten. Zeitlich abgrenzbar stellen sie die Beteiligten vor die besondere Begebenheit eines Zusammentreffens. Die nachweisliche Ereignishaftigkeit von Begegnungen steht dabei im Widerspruch zur zeitlichen Repetition der zugrundeliegenden Handlungs- und Verlaufsmuster, welche Begegnungen inhaltlich und formal, wenn auch nicht immer vorhersehbar, so jedoch zu einem gewissen Anteil einschätzbar und kontrollierbar machen. Die Wiederholbarkeit erweist sich als strukturell beschreibender Gegenbegriff zur Ereignishaftigkeit von Begegnungen. Damit deutet sich eine sachliche Nähe zum Begriff des Rituals an, der sich ebenfalls durch jene inhaltliche Ambivalenz charakterisiert. Als „transformative Handlungen, die einem tradierten Muster folgen“ (Warstat 2014, 297) sind Rituale, wie Matthias Warstat betont, formal repetitiv und dadurch stabilisierend angelegt; darüber hinaus beschreiben sie transgressive Momente, die einschneidend ereignishaft wirken, beziehungsweise Ereignisse hervorbringen (Vgl. Warstat 2014, 297). Während das Ritual die Emergenz und Prozesshaftigkeit einer Zustandsänderung akzentuiert, beschreibt die Begegnung vorrangig eine momenthafte, punktuelle Begebenheit, welche Handlungsdynamiken weniger – wie im Fall des Rituals zeitlich progressiv – ziel- und ergebnisorientiert, sondern eher in der augenblicklichen Komplexität ihrer Schichtung dokumentiert.

Begegnungen als Rituale zu lesen, heißt für uns, den Blick auf die rituellen, das heißt musterhaften Wirkungs- und Ausdrucksformen dieser konvergenten, wie divergenten Dynamiken zu lenken. Dazu zählt im Allgemeinen das zyklische aber auch antizyklische Auftreten von Begegnungsmomenten. Im Spezifischen sind die mit dem Aufeinandertreffen verbundenen Bewegungsmuster, wie das Sich-Annähern, Sich-Entfernen, Anstoßen, Abstoßen, Ausweichen, oder auch der Friktion anzuführen.

Wir wollen Ritual bewusst nicht in seinem traditionellen Strukturverständnis, der Form des Übergangs (Van Gennep, Les rites du passage) aufgreifen, um vielmehr ausgehend von dem zugrundeliegenden sachlichen Modus der Bewegung ein anderes Verständnis von Begegnungen als Ritual aufzuzeigen und zu diskutieren. Die Frage nach dem Funktionsgefüge von Dynamiken im Moment eines Aufeinandertreffens ermöglicht es die semantische Ambivalenz von Wiederholbarkeit und Ereignishaftigkeit kritisch zu hinterfragen und in ihrem Wirkungszusammenhang für die Beschreibung von Begegnungen zu überprüfen. Ziel des Workshops ist es im gemeinschaftlichen Austausch fachlicher Experten einen neuen Zugang zur analytischen Verwendung für die französische Literatur des langen 19. Jahrhunderts
aufzudecken und zu stärken.

Die frankophone Gesellschaft befindet sich im 19. Jahrhundert im Aufbruch zwischen dem Bestreben soziokultureller Innovation und dem Bewahren nationaler Traditionen. Beispielhaft steht der Begriff der Restauration für die zu Beginn des Jahrhunderts spannungsreiche Gemengelage gesellschaftlicher und ideengeschichtlicher Kräfte der Neu-, aber auch der Restrukturierung, deren Bewältigung zur kennzeichnenden Herausforderung für das gesamte Jahrhundert wird. Begegnungen als Ausdruck und Form ritueller Dynamiken ermöglichen eine neue Beschreibbarkeit der heterogenen soziokulturellen Bewegungen dieser Zeit. In literarischen Texten findet dies zum einen Eingang im Bereich des Formalen, zum anderen im Bereich der Semantik. Die nachfolgend angeführten Forschungsgegenstände ritueller Begegnung können hinsichtlich des ihnen zugrundeliegenden Bewegungsmoments gelesen. Sie sollen als anregende Beispiele für entsprechende Präsentationsvorschläge dienen.

(I) Text und Praxis des Schreibens als rituelle Begegnung

Literarische Texte bilden im Kontext der Produktion und Rezeption spezifische Begegnungsformen des Autors mit sich selbst, aber auch mit seinem Publikum. So ist beispielsweise zu fragen, wie das zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Frankreich wieder verstärkt aufkommende Genre der Memoiren Begegnungen rituell reflektiert, spiegelt oder gezielt anleitet. Der Text als eigenes rituelles Bewegungsmuster ist für die besonderen Begegnungsmomente der postrevolutionären Gesellschaft, insbesondere zum Beispiel im Bereich der Exil- und Migrationserfahrungen, in der Form von Korrespondenz und Briefkultur zu erörtern. Weiterhin kann im Kontext dramatischer Literatur die innere rituelle Dynamik und Ästhetik von Texten als Begegnungs- und Erfahrungsräume diskutiert werden.

(II) Textsemantiken von rituellen Begegnungen

Begegnungsräume
Begegnungen sind stets ortsgebundene Handlungs- und Interaktionsmomente, wobei sich die jeweiligen Orte ändern können und nicht zwangsläufig dem äußeren Funktionsmodus der Ritualität unterliegen. Salons, Cafés oder Marktstätten sind nur einige Beispiele für Orte von Begegnungsritualen im urbanen Raum, die in literarischen Texten, insbesondere des frankophonen Romans des 19. Jahrhunderts (Balzac, Stendhal, Zola, Proust) thematisiert werden. Spezifische Beispiele für ortsgebundene, rituelle soziale Handlungsformen als textuelle Motive sind das Essen oder aber auch das Spiel. Einen ganz eigenen Begegnungsraum ritualisierter ästhetischer Vorgänge des Performativen stellt das Theater dar. In Hernani von Hugo wird zum Beispiel die Bühne zum dramatischen Begegnungsort von klassischen und modernen Handlungsstrukturen, sowie zum Verhandlungsraum des zeitgenössischen, gesellschaftlichen Selbstverständnisses. Die Fokussierung auf den Aspekt der Bewegung erlaubt hierbei ein Aufbrechen der räumlichen Betrachtungsdimension hinsichtlich der diese Begegnungsorte und -handlungen prägenden, und ihre soziale Funktionsweise bedingenden Dynamiken und Spannungen, die sichtbar gemacht werden können und auf ihre Muster hin geprüft werden sollen.

Transkulturation
Formen ritualisierter Begegnungen sind nicht nur auf nationaler, sondern auch auf transnationaler Ebene zu finden, sei es im innereuropäischen oder außereuropäischen Raum, beispielsweise in der französischen Kolonie. Transkulturation unterliegt ritualisierten Praktiken, deren Dys-/Funktion und Wirkung durch differente Erfahrungs- und Wahrnehmungsmuster literarisch perspektiviert werden. Wie wird ‚das Fremde‘ oder ‚das Unbekannte’ durch Begegnungsrituale geprägt und verarbeitet? Beispiele für textuelle Spielräume der ritualisierten Begegnung sind der deutsch-französische Kulturaustausch um 1800 (Mme de Staël) oder auch funktionale Momente der Semantik des Fremden in der französischen Fantastik (Gautier, Maupassant, Erckmann-Chatrian). Die Frage nach den musterhaften Dynamiken und Spannungen ist an dieser Stelle eng verbunden mit den Wahrnehmungsdispositiven, deren Wechselwirkungen zu diskutieren sind.

Vorschläge für Beiträge (in französischer oder deutscher Sprache) sind bitte in Form eines Abstracts (maximal 300 Wörter) und einer kurzen bio-bibliographischen Präsentation bis zum 15. Oktober 2017 an Karin Schulz (karin.schulz@uni-konstanz.de), Fabian Schmitz (fabian.schmitz@uni-konstanz.de) und Sandra Rudman (sandra.rudman@uni-konstanz.de) zu richten. Antwort erfolgt bis Ende Oktober 2017.

La ritualité des rencontres – modes de représentation littéraire

Une rencontre est un instant significatif dans lequel se croisent le connu et l’inconnu. Cela impose aux parties prenantes de faire face à leurs ressemblances et dissemblances dans un contexte familier ou encore inexploré. Se rencontrer soit d’une manière préalablement concertée soit imprévue constitue un évènement particulier et distinctif, limité dans l’espace et dans le temps. C’est ce caractère singulier et évènementiel qui va à l’encontre des actions et des déroulements qui structurent à l’état latent une rencontre et qui la rendent prévisible et contrôlable. La possibilité inhérente d’une répétition structurelle contrarie le caractère singulier d’un évènement particulier. Une ambivalence pareille caractérise aussi le concept du rituel. Selon Matthias Warstat, les rituels sont des « actions transformatives qui suivent un déroulement traditionnel » (Warstat 2014, 297) qui sont formellement répétitifs et par-là stabilisants. De plus, ils modélisent des moments transgressifs qui produisent en même temps des évènements particuliers.

Alors que le concept de « rituel » met en relief l’émergence d’un changement d’état, c’est-àdire un mouvement fondamental de progression, celui de la rencontre accentue le fait ponctuel de l’évènement. Cette opposition notionnelle s’accompagne d’une différence du concept d’action et de temps : le concept de « rituel » est axé sur le résultat des processus progressifs tandis que le concept de « rencontre » favorise la stratification des mouvements complexes se concentrant dans une situation instantanée. En considérant la ritualité des rencontres, nous voulons relever les modalités habituelles, plutôt rituelles de ces dynamiques fondamentales, c’est-à-dire les déroulements modélisés, des mouvements convergents et divergents ainsi que la potentielle périodicité cyclique et anticyclique de la rencontre. Nous nous intéressons particulièrement aux schémas de l’approche et de l’éloignement ; du toucher et du rejet; de l’évitement et de la friction. En surpassant la notion structurelle établie par Van Gennep dans Les Rites du passage (1909), nous nous focalisons sur le mode fonctionnel du mouvement pour en retenir le caractère de la rencontre. Le but de ce colloque sera de trouver un nouvel emploi analytique des concepts de « ritualité » et de « rencontre » pour la littérature française du XIXe siècle.

Au XIXe siècle la société française se voit bouleversée par des tendances d’innovations socioculturelles qui se heurtent à un besoin préservation des traditions héritées. La Première Restauration, c’est-à-dire la remise en place du système politique à la suite de la chute du Premier Empire en 1814, provoque une situation confuse et tendue dans laquelle s’entremêlent des forces contradictoires : innovatrices et traditionalistes. La prise en compte de ces forces sociales du point de vue de l’histoire des idées marque profondément ce siècle.

Penser et reconsidérer la rencontre comme expression et forme de ces dynamiques rituelles nous permettra de décrire ces mouvements socioculturels et hétérogènes de l’époque dans une nouvelle perspective. Dans des textes littéraires cela s’exprime au niveau tant formel que sémantique. Les objets de recherche, mentionnés à titre d’exemple et de manière non exhaustive ci-dessous, sont à examiner du point de vue de leur mouvement.

(I) Texte et écriture comme pratique de rencontre rituelle

Le texte littéraire dans un contexte de production et de réception constitue un mode de rencontre de l’auteur avec lui-même et avec le lecteur. Cette situation est mise en scène par le genre des Mémoires, de nouveau en vogue au début du XIXe siècle. On peut se demander comment les Mémoires reflètent d’une manière critique la ritualité de la rencontre. Dans la société postrévolutionnaire de l’époque, surtout aux vues des expériences d’exil ou de migration, c’est la correspondance épistolaire qui montre l’habitude de mobilité des textes cherchant et provoquant des rencontres. Dans un contexte théâtral, on peut considérer l’esthétique inhérente à ce genre et l’aspect rituel de ce type de littérature comme un espace multidimensionnel de rencontres. La dramaturgie des textes manifeste une dynamique particulière en transmettant le texte sous forme performative.

(II) Sémantiques textuelles des rencontres rituelles

Lieux de rencontre
La rencontre est un moment d’action et d’interaction souvent rattachée au lieu de son déroulement. C’est également ce lieu qui conditionne sa structure et ses dynamiques ritualisées. Les grands romanciers du XIXe siècle (Balzac, Stendhal, Flaubert, Zola, Proust, pour ne citer qu’eux) prennent pour sujet ces lieux et les rencontres rituelles qui s’y déroulent. Des moments ritualisés comme la conversations, le jeu, le repas ou les échanges commerciaux sont des motifs littéraires exemplaires de rencontres rattachées à différents lieux. Le théâtre représente un autre lieu singulier à travers l’esthétique performative de rencontre. La scène devient l’espace où les structures d’actions classiques et modernes se rencontrent (Hugo, Hernani) et où la société renégocie et réactualise l’image de soi. Prendre l’aspect du mouvement en compte permet d’intégrer les dynamiques de rencontres dans une dimension spatiale et ainsi de prendre conscience des schémas rituels y relatif.

Transculturation
Les rencontres transculturelles du XIXe siècle ont lieu dans des contextes nationaux et transnationaux, soit intra-européens, soit globaux, souvent dans les colonies. Les pratiques rituelles des rencontres transnationales représentées dans la littérature reflètent le dys- /fonctionnement dans des perspectives différentes et convergentes. Nous pensons, en particulier, aux espaces d’interaction culturelle franco-allemande autour de 1800 (Mme de Staël) et aussi aux aspects fonctionnels de la sémantique de l’étranger dans le genre fantastique de la littérature française à l’époque (Gautier, Maupassant, Erckmann-Chatrian).

Les propositions de conférence (en allemand ou en français) sous forme d’un résumé de 300 mots sont à adresser avec une note biobibliographique jusqu’au 15 octobre 2017 à Karin Schulz (karin.schulz@uni-konstanz.de), Fabian Schmitz (fabian.schmitz@uni-konstanz.de) et Sandra Rudman (sandra.rudman@uni-konstanz.de). Une réponse vous sera faite fin octobre 2017.

Beitrag von: Fabian Schmitz

Redaktion: Marcel Schmitt