Am ZENTRUM FÜR LITERATUR- UND KULTURFORSCHUNG (ZfL) Berlin ist im BMBF-Forschungsprogramm »Europäische Kultur- und Wissenschaftsgeschichte« eine Stelle als Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in im Forschungsprojekt »Stil: Geschichte und Gegenwart« zu besetzen (100 %, Entgeltgruppe 13 TVöD (Bund); ab 1. März 2019, zunächst befristet bis zum 31.12.2019, mit Verlängerungsmöglichkeit).

Voraussetzungen
Abgeschlossene Promotion bzw. eröffnetes Promotionsverfahren in einem geistes-, kultur- oder sozialwissenschaftlichen Fach. Neben der Projekttätigkeit wird engagierte Mitarbeit am ZfL erwartet; Kenntnisse und Kompetenzen in der digitalen Stilometrie sind erwünscht, aber keine Voraussetzung.

Wir bieten:

  • Internationales Forschungsumfeld
  • Raum für Eigeninitiative
  • Weiterbildungsmöglichkeiten
  • Universitäre Lehrmöglichkeit
  • Familienfreundliche Arbeitsbedingungen

Die Bewerbung sollte die folgenden Unterlagen enthalten:

  • Anschreiben
  • Lebenslauf, Publikationsliste, Zeugnisse
  • Skizze eines möglichen Teilprojekts (Habilitation, zweites Buch) mit deutlichem Bezug zum Projekt »Stil: Geschichte und Gegenwart« (s.u.) und zu den Forschungsschwerpunkten des ZfL (4 bis 6 Seiten)
  • 2 aussagekräftige Aufsätze oder Kapitel

Bitte senden Sie Ihre Bewerbung ausschließlich in elektronischer Form und in einem einzigen PDF-Dokument an Frau Prof. Dr. Eva Geulen, bewerbungen@zfl-berlin.org. Das ZfL strebt eine Erhöhung des Frauenanteils an und fordert deshalb qualifizierte Frauen nachdrücklich auf, sich zu bewerben. Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung und Qualifikation bevorzugt berücksichtigt.

Bewerbungsschluss ist der 1. Dezember 2018. Die Auswahlgespräche finden voraussichtlich in der 2. Kalenderwoche 2019 statt.

Projektbeschreibung

Nach dem von Hans Ulrich Gumbrecht und K. Ludwig Pfeiffer herausgegebenen Band Stil. Geschichten und Funktionen eines kulturwissenschaftlichen Diskurselements (1986) schien es in den Literatur- und Kunstwissenschaften wieder still geworden um den Stil. Im Zuge der Ästhetisierung moderner Lebenswelten migrierte der Stilbegriff einerseits in soziologische Untersuchungen (Mode und lifestyles), andererseits, belebt von neuen stilometrischen Untersuchungstechniken, in Sprach- und Kognitionswissenschaften sowie die empirische Ästhetik. Aber seit einiger Zeit ist von Stil erneut die Rede, nicht zuletzt als Reaktion auf die Erosion von Ausdrucks- und Umgangsformen in den sozialen Medien und auf dem politischen Feld proliferierende Populismen. Es gibt Überlegungen zu einer (marxistischen) ›Politik‹ des Stils, sogar zu einer ›Ontologie‹. Vor diesem Hintergrund startet am ZfL 2019 ein im Forschungsschwerpunkt »Weltliteratur« angesiedeltes, aber alle drei Forschungsschwerpunkte involvierendes Langfrist-Projekt zu Geschichte und Gegenwart von Stil und Stiluntersuchungen.

Wissenschaftsgeschichtlich war Stil lange Zeit Domäne der Philologien. Stilistik stand vornehmlich im Dienst der Zuschreibung von Autorschaft und stellte seit Entdeckung von Originalität und Genie um 1800 auch Kriterien ästhetischer Bewertung bereit. Die heutigen Entgrenzungen des Stilbegriffs haben eine Vorgeschichte in der Zeit nach 1900. Als in den Künsten Stilbruch und Stilmischung erprobt wurden, erschlossen die Geisteswissenschaften dem Stilbegriff mit ›Kulturstilen‹ und ›Denkstilen‹ neue Horizonte. Das Projekt soll u.a. den folgenden Forschungsfragen nachgehen: Wie ist Stil heute noch zu fassen, und was leistet er in den Künsten, Wissenschaften und sozialen Praktiken? Wie kann Stil zwischen individuellem Autorstil und Kollektivstilen (von National- oder Epochenstilen über Kunststile bis zu Stilgemeinschaften im Internet) sinnvoll konzipiert und untersucht werden? Wie verhält sich Stil zu anrainenden, gegenwärtig wieder interessierenden und gleichfalls Kollektivität und Individualität verschränkenden Konzepten wie Rhythmus und Form? An welche Traditionen der Stilistik kann angeschlossen werden, und wie verhalten sie sich zu neuen computergestützten Untersuchungsmethoden? Welche Rolle spielt Rezeption bei der Etablierung, Identifikation und Modifikation von Stilen (Stichwort: Epigonalität im 19. Jahrhundert, ›cultural appropriation‹ heute)? Wie funktionieren Inklusion und Exklusion, Selbstbeschreibung und Fremdbeobachtung bei Stilphänomenen?

Beitrag von: Dirk Naguschewski