Der Vorstand des Frankoromanistenverbands möchte dazu beitragen, dass die Diskussion um das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, verknüpft mit dem Hashtag #IchBinHanna, weitergeht und auch in unserem Verband ein Forum findet. Monenda des WissZeitVG und seiner Anwendung sollten im Bewusstsein gehalten werden und durch die Verbandsmitglieder im wechselseitigen Austausch und an Ihren Institutionen vorangebracht werden.
Wir möchten drei Denkanstöße in die Diskussion bringen:

1. Die Belastungen der Promotionsphase müssen reduziert und die Qualität des Promotionsausbildung verbessert werden, um Promotionszeiten zu verkürzen.
Die Anforderungen an Qualifikationsarbeiten sind in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Erwartet wird in der Promotionsphase nicht nur die Arbeit am monographischen Projekt, sondern aktive Publikations- und Vortragstätigkeit, das Sammeln von Lehrerfahrung, erste Aktivitäten in der Drittmitteleinwerbung, ergänzt durch Zuarbeit zu Forschungsprojekten, oft bei gleichzeitiger Abhängigkeit von Projektlaufzeiten und vom Erfolg eventueller Verlängerungsanträge. Hier liegt es an uns, an unserer Wissenschaftsgemeinschaft, gegenzusteuern und nicht im Gegenteil den Wettbewerb um Seitenzahlen und die Anzahl von Aktivitäten weiter anzutreiben. Zur Betreuung in der Qualifikationsphase gehört es, die Durchführbarkeit des Projekts in angemessenem Zeitraum im Blick zu halten und komplexe infrastrukturelle Anforderungen, etwa des Datenmanagements, zu unterstützen.

2. Die Diskussion an Hochschulen und Institutionen sowie in der Öffentlichkeit um auch unbefristete Stellenperspektiven unterhalb der Professur muss weitergeführt werden, mit dem langfristigen Ziel, das Missverhältnis zwischen Haushaltsstellen und Drittmittelstellen zu verbessern. Eine wichtige Ursache für die hohe Arbeitsbelastung von befristet beschäftigten Wissenschaftler:innen in der Qualifizierungsphase ist die Unterfinanzierung der Hochschule im Bereich der lehr- und wissenschaftsbezogenen Dienstleistungen.
Es ist einerseits Aufgabe der Universitäten, qualifizierten Nachwuchswissenschaftler:innen vor allem im Anschluss an die PostDoc-Phase und an selbständig eingeworbene Drittmittelprojekte langfristige Perspektiven zu bieten.
Andererseits können administrative Aufgaben mit unmittelbarem Bezug zu Forschung und Lehre nur von entsprechend geschultem und somit notwendigerweise längerfristig angestelltem Personal mit akademischer Qualifikation durchgeführt werden, das an vielen Hochschulen fehlt und das oft durch befristet beschäftigte Wissenschaftler:innen in der Qualifikationsphase ersetzt wird. Diese personelle Unterausstattung der Hochschulen bringt nicht nur eine im internationalen Vergleich schlechte Betreuung der Studierenden mit sich, sondern auch eine vergleichsweise hohe Belastung der Professor:innen durch Lehre und Administration.

3. „kann“-Regelungen des WissZeitVG sollten von allen Hochschulverwaltungen in vollem Maße zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ausgeschöpft werden, so dass den jungen Wissenschaftler:innen und Wissenschaftlern in einer Lebensphase, die oft mit der Familiengründung zusammenfällt, die gesamte „zulässige Befristungsdauer“ zur Verfügung gestellt wird, einschließlich der vom WissZeitVG ermöglichten Verlängerungen für Eltern- und Erziehungszeiten, WissZeitVG §2(1).

Die fortgesetzte öffentliche Diskussion dieser Aspekte liegt nicht nur im Interesse von Wissenschaftler:innen während der Qualifikationsphase, sondern berührt in essenziellem Maße auch die Interessen der Studierenden wie der Professor:innen.

Beitrag von: Annette Gerstenberg

Redaktion: Robert Hesselbach