Stadt: Universität zu Köln - Romanisches Seminar

Nachruf auf Dr. Daniel Eiwen
von Sidonia Bauer

BLEI

Tief schliefen die Sergen ganz aus Blei,
Und Blumen aus Blei und Grab gewandt,
Ich war alleine in der Gruft… Und es war Wind…
Und knarrten die Kronen ganz aus Blei.

Es schlief die Liebe ganz aus Blei
Auf bleierne Blumen und ich schrie –
Neben den Toten ganz allein… und es war kalt…
Und seine Flügel hingen ganz aus Blei.

(George Bacovia, Poezii/Gedichte, 1916)

Unser Freund, Kollege, Lehrer, Dozent ist von uns gegangen. Ein Mensch, der ebenso von aus der Nähe des Todes wie aus dem Herzen des Lebens sprechen, Gedichte rezitieren, schauspielern, tanzen, lachen und weinen konnte. Ein Mensch, dessen tiefinneres Gefühl den Geist überbordete und immer Leitton für sein Denken, Lehren und Arbeiten angab: (Seit 1989 verheirateter) Dr. Daniel Eiwen, geb. Doru Chirika (*22. November 1945 in Galatz – verstorben am † 26. Juli 2021 an Herzversagen in Varna, Bulgarien).
Lange Jahre war er am Romanischen Seminar der Universität zu Köln als Lektor für Rumänistik, in den höheren Stufen als rumänischer Literaturwissenschaftler mit Idealismus, Geduld, Begeisterung und außergewöhnlichem Humor tätig. Wie bei einem Schauspieler umfasste sein Register alle Stilebenen, die sich nahtlos miteinander abwechseln konnten, so wie auch Gesten, Gedanken… Selten hat man Studierende so ausgelassen lachen gehört, wie in seinen Seminaren. Ich erinnere mich an eine meiner ersten Rumänischstunden bei ihm. Die damalige Sekretärin des Romanischen Seminars klopfte an, steckte neugierig den Kopf in den Raum, wurde angesteckt vom Lachen: „Sie sind kein Kind von Traurigkeiten, Herr Dr. Eiwen!“ Oder vielmehr, wie es in Benedict Wells Vom Ende der Einsamkeit heißt: „du bist ein Kind von entsetzlicher Traurigkeit.“
Unvergessen bleiben die Weihnachtsfeiern im Kreis seiner Studierendenschar, sein Sinn für Komik, seine abgründige Tiefsinnigkeit und seine Großzügigkeit, die sich auch auf das Lehrangebot erstreckte, unterrichtete er in den letzten Jahren doch idealistisch unentgeltlich an der Universität zu Köln, immer seinem Auftrag der Kulturvermittlung folgend.
Die generöse und tolerante Gesinnung sowie seine Liebe zur Literatur fand unter anderem in seiner wissenschaftlichen Betätigung Ausdruck, wenn er sich beispielsweise in seiner Dissertation von 1987 „Das Bild Deutschlands und des Deutschen in der rumänischen Literatur“ dank eines Graduiertenstipendiums der Universität zu Köln der interkulturellen Imagologie widmete, die er unter anderem Zeichen in seinen Essays von 1998 „Das Bild des Anderen in Siebenbürgen. Stereotype in einer multiethnischen Region“ und 2015 als Pionier auf dem Gebiert der rumänischen Literaturwissenschaft „Das Bild des ‚Zigeuners‘ in der rumänischen Literatur – vom Sklaven in den Fürstentümern zum Thron Moldaus“ vertiefte. Sein für November 2021 angekündigter Vortrag auf dem DFG-Kolloquium in Gießen „Warum wollte Anna de Noailles nicht Rumänin sein?“ bleibt Fragment.
Erinnern wir in großer Verbundenheit und Dankbarkeit an den Germanistikstudenten und begnadeten Balletttänzer Doru Chirika, der für die Cântarea României auf der Bühne exzellierte, den Lehrer in Brenndorf/Bod, der zur offenen und toleranten Intelligentia gehörte, den Promovenden und Bibliothekar Daniel Eiwen, den Dozenten an der Universität zu Köln Herrn Dr. Daniel Eiwen, den Dolmetscher für rumänische Roma nach Inkrafttreten des EU-Freizügigkeitsgesetzes, dem Mitarbeiter an einem mehrsprachigen Bilderwörterbuch für Migrantenkinder, kurz, an ihn, der vor allem eines war: eine schillernde Persönlichkeit. Wer einmal mit ihm lachte, dem wird ein Lachen unvergessen unter der Haut verweilen, auch über den Tod hinaus.

Beitrag von: Sidonia Bauer

Redaktion: Robert Hesselbach