Stop the Cuts!

Offener Brief gegen Kürzungen bei DAAD und AvH
Open Letter Against the DAAD and AvH Cuts

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12.7.2022

Mit Bestürzung haben wir, Wissenschaftler*innen, Forscher*innen und Hochschulangehörige aus dem In- und Ausland, die Ankündigung von Kürzungen in den durch das Auswärtige Amt geförderten Programmen des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und der Alexander-von-Humboldt-Stiftung (AvH) wahrgenommen. Der Haushaltsentwurf des Bundeskabinetts für das Jahr 2022 sieht eine Kürzung der Ausgaben für den DAAD um rund 8 Millionen Euro vor 1; für 2023 ist die Einsparung von weiteren 10,4 Millionen Euro vorgesehen 2. Zudem sollen die für den internationalen wissenschaftlichen Austausch zuständigen Organisationen bereits im laufenden Betrieb massiv einsparen, wobei die Höhe der geforderten “globalen Minderausgaben" erheblich zu werden droht 3.

Diese Kürzungen stehen in eklatantem Widerspruch zur im Koalitionsvertrag angekündigten Erhöhung der institutionellen Förderung von DAAD und AvH um 3% pro Jahr 4. Sie reihen sich ein in weitere Kürzungen, die in den letzten Tagen publik geworden sind und die beispielsweise beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Rücknahme bereits bewilligter Projekte einschließen 5. Zusammengenommen untergraben gerade die kurzfristigen Einschnitte in laufende bzw. angekündigte Förderungen das Vertrauen zwischen den Institutionen und in die damit verbundene Rechts- und Verfahrenssicherheit 6. Auch zeichnet sich mit diesen massiven Einschnitten in die Wissenschaftsförderung ein drohender Kahlschlag der bisherigen Hochschullandschaft ab, insbesondere in ihrer internationalen Ausrichtung.

Die aktuellen Krisen von teils globalem Ausmaß – die Klimakrise, die Covid 19-Pandemie, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine – verdeutlichen die zentrale Bedeutung einer international vernetzten Wissenschaft für das Verständnis und die potenzielle Lösung dieser Krisen. Die Bundesregierung selbst hat die besondere Bedeutung des Ausbaus von Zukunftsinvestitionen, gerade auch im Bereich von Bildung und Forschung, in ihrem Haushaltsentwurf explizit anerkannt 7.

Der DAAD ist eine der wichtigsten niedrigschwelligen Förderinstitutionen insbesondere für Wissenschaftler*innen vor der Professur. Für Wissenschaftler*innen ohne gesichertes institutionelles Deputat – sowohl aus Deutschland als auch international – ist er oft die einzige Förderoption für die Wahrnehmung von Forschungsreisen, Konferenzteilnahmen und wissenschaftlichen Gastaufenthalten an Partneruniversitäten und Hochschulen. Gerade für weniger privilegierte Forscher*innen wie Erstakademiker*innen oder Early Career Researchers und Studierende aus Ländern des “Globalen Südens” bildet der DAAD oft die einzige Möglichkeit für eine Finanzierung ihrer Forschung und den Abschluss von Qualifikationsarbeiten an deutschen Universitäten und Hochschulen. DAAD-Lektorate und -Dozenturen, die ebenfalls von den Kürzungen betroffen sind, stellen zudem wichtige Instrumente deutscher Sprach- und Kulturvermittlung an ausländischen Universitäten dar.

Die geplanten Kürzungen werden die Internationalisierung von Forschung und Lehre, das Ansehen Deutschlands als Wissenschaftsstandort und die Reputation deutscher Universitäten und Hochschulen nachhaltig beschädigen. Sie gefährden die Zukunftsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems und damit die Fähigkeit Deutschlands, sich den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft in einer bewussten und demokratischen Weise zu stellen. Der Wegfall dieser Förderung würde ferner ein Zweiklassensystem zementieren, das bereits jetzt schon in Ansätzen zwischen Festangestellten und Forscher*innen auf befristeten Stellen, Stipendien oder Drittmittelstellen zu erkennen ist. Wenn es nicht mehr möglich ist, dass Wissenschaftler*innen, die bisher auf die Förderprogramme des DAAD angewiesen waren, an internationalen Konferenzen, Austauschprogrammen und Forschungsaufenthalten teilnehmen können, weil ihnen die finanziellen Ressourcen dafür fehlen, wird die für die Wissenschaft und den gesellschaftlichen Diskurs so notwendige Vielzahl an Perspektiven und Stimmen weiter beschnitten.

Wir appellieren mit Dringlichkeit an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und fordern sie dazu auf, die angekündigten Kürzungen zu stoppen bzw. rückgängig zu machen: Die deutschen Hochschulen müssen auch weiterhin internationale Orte des wissenschaftlichen Austauschs, der Forschung, der Lehre und des Lernens sein. Dafür ist eine solide Finanzierung über die für den internationalen wissenschaftlichen Austausch zuständigen Förderorganisationen notwendig. Wir rufen Wissenschaftler*innen sowie Mitarbeiter*innen im In- und Ausland auf, diesen Brief zu unterzeichnen, um die Internationalisierung der deutschen Hochschulen auch in Zukunft sicherzustellen.


As researchers, scholars and academic teachers in and outside Germany, we are writing to express our serious concern about the planned cuts affecting the German Academic Exchange Service (DAAD) and the Alexander von Humboldt Foundation (AvH). The Federal Government’s current budget draft suggests deductions of 8 million Euro in 2022 8; for 2023, another 10.4 million are planned to be cut 9. In addition, the funding institutions are being forced to implement cuts during the current funding period. The cost of this “global negative spending” threatens to be significant 10.

The planned cuts are in clear contradiction of the Federal Government’s coalition treaty, which provides for an annual increase of DAAD and AvH grant funds by 3% 11. They add to a number of cuts which have become public recently, including the retraction of already approved research projects by the Federal Ministry of Education and Research 12. Such slashes at short notice into ongoing or approved funding initiatives undermine trust between institutions, as well as legal compliance and process security 13. This massive downgrading of scholarly funding moreover threatens to demolish the existing academic landscape, especially in its international orientation.

Current global crises including the climate crisis, the COVID-pandemic and the Russian war against Ukraine clearly indicate the key role of academic and scientific research, which can contribute to understanding and collectively working towards solving these crises. In its household draft, the Federal Government explicitly acknowledged and highlighted the importance of developing future investments, also in the fields of education and research 14.

The German Academic Exchange Service is one of the most important low-threshold funding institutions, especially for doctoral and postdoctoral students as well as early and mid-career scholars from Germany and abroad who often do not have research budgets from their home institutions. Thus far, the DAAD has been the only institution providing grants for research trips, conference participation and visits to partner universities. The cuts will severely impact less privileged and first-generation academics, as well as scholars from the Global South for whom the DAAD’s scholarships and grants are often their only opportunity to join a university in Germany. DAAD lectureships as well as writer in residence programs, which are also affected by the cuts, have always played a crucial role in language teaching and cultural exchange at universities abroad.

The planned cuts will irreversibly harm the internationalization of research and teaching. They will impair Germany’s role and its standing as a research hub. They put the sustainability of the German academy at risk and consequently Germany’s ability to responsibly and democratically face contemporary, ongoing and future challenges. The discontinuation of DAAD and AvH funding will entrench a division between scholars who rely absolutely on such grants for their career development, and others with research budgets from their home universities. If conference participation and research trips are in future available for the latter only, the academy will lose diverse perspectives and voices that are crucial for societal discourse.

We therefore urge the German Minister of Foreign Affairs Annalena Baerbock to stop the cuts and to continue supporting German academic institutions as places for international exchange, research, teaching and learning. These goals can only be achieved with stable funding. We call on scholars, researchers and staff members in and outside Germany to sign this letter to protect the internationalization of German universities.

1 https://www.forschung-und-lehre.de/politik/signifikanter-einschnitt-in-das-gesamtbudget-4773 (Zugriff am: 12.07.2022)
2 https://www.jmwiarda.de/2022/06/03/bedrohlich-und-folgenschwer/ (Zugriff am: 12.07.2022)
3 https://www.forschung-und-lehre.de/politik/signifikanter-einschnitt-in-das-gesamtbudget-4773 (Zugriff am: 12.07.2022)
4 https://www.jmwiarda.de/2022/06/03/bedrohlich-und-folgenschwer/ (Zugriff am: 12.07.2022)
5 https://www.jmwiarda.de/2022/07/05/die-angst-vorm-gro%C3%9Fen-sparen/ (Zugriff am: 12.07.2022)
6 https://www.fu-berlin.de/campusleben/forschen/2022/220711-interview-foerderstopp-biotip/index.html (Zugriff am: 12.07.2022)
7 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2022/07/2022-07-01-regierungsentwurf-bundeshaushalt-2023.html (Zugriff am: 12.07.2022)
8 https://www.forschung-und-lehre.de/politik/signifikanter-einschnitt-in-das-gesamtbudget-4773 (accessed 12/07/2022)
9 https://www.jmwiarda.de/2022/06/03/bedrohlich-und-folgenschwer/ (accessed 12/07/2022)
10 https://www.forschung-und-lehre.de/politik/signifikanter-einschnitt-in-das-gesamtbudget-4773 (accessed 12/07/2022)
11 https://www.jmwiarda.de/2022/06/03/bedrohlich-und-folgenschwer/ (accessed 12/07/2022)
12 https://www.jmwiarda.de/2022/07/05/die-angst-vorm-gro%C3%9Fen-sparen/ (accessed 12/07/2022)
13 https://www.fu-berlin.de/campusleben/forschen/2022/220711-interview-foerderstopp-biotip/index.html (accessed 12/07/2022)
14 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2022/07/2022-07-01-regierungsentwurf-bundeshaushalt-2023.html (accessed 12/07/2022)

Verfasst von / Drafted by:

Dr. Maha El Hissy, School of Languages, Linguistics and Film, Queen Mary University of London
Prof. Dr. Hansjörg Dilger, Institut für Sozial- und Kulturanthropologie, Freie Universität Berlin
Prof. Dr. Silke Horstkotte, Institut für Germanistik, Universität Leipzig
Dr. Anne-Christin Klotz, Institute of European Studies, University of California, Berkeley/ German Historical Institute – Pacific Regional Office, Berkeley
Kim Sebastian Todzi, Historisches Seminar, Arbeitsbereich Globalgeschichte, Universität Hamburg

Der offene Brief wird für Erstunterzeichner*innen am 15.7.2022, 20 Uhr geschlossen. Er steht weiterhin allen Interessierten zur Unterzeichnung zur Verfügung. / The open letter will be closed for first signatories on 15.7.2022, 8 pm CET. It will still be available for everyone interested to sign.