Die Lusitanistik trauert um Helmut Feldmann, Professor für Romanische Philologie (1970-1997) und Direktor des Portugiesisch-Brasilianischen Instituts (1993-1998) an der Universität zu Köln.

Helmut Feldmann wurde am 30.12.1934 im Sauerland geboren. In Drolshagen verlebte er seine Jugend. Von dort ging er zum Studium nach Köln, Genua und Madrid. Nach dem Abschluss in Germanistik und Romanistik wurde er Lektor des DAAD in Fortaleza. Er begann seine Doktorarbeit über Graciliano Ramos bei Joseph Maria Piel und wurde Assistent bei Fritz Schalk. In Fortaleza waren es Hesíodo Facó und José Gomes de Magalhães, die ihn besonders tief beeindruckten. Sie kamen dann auch als erste einer Reihe brasilianischer Professoren, Dichter und Persönlichkeiten nach Deutschland, angezogen von Helmut Feldmann, den ich zu dieser Zeit als Assistent in der Ruhr-Universität Bochum kennenlernen konnte.

Die Ruhr-Universität war damals (1965) im Aufbau. Es gab viele Baugruben und nur wenige Studenten. Kurzum, es war nichts los. Wir mussten alles organisieren, auch unsere Freizeit. Helmut Feldmann war ein kommunikativer Mensch. Er konnte nicht lange ohne Kontakte sein. So brachte er seine Kollegen in die Welt seiner Gewohnheiten: in seine Gedankenwelt, die von Brasilien bestimmt war, in sein Elternhaus in Olpe und in die romanischen Literaturen. Viele von uns wurden beeinflusst von der trikontinentalen Romanistik, die Eberhard Müller-Bochat uns nahebrachte, und Helmut Feldmann wurde zusammen mit Georg Rudolf Lind nicht müde, die portugiesischsprachigen Literaturen zum Dauerthema zu machen.

Aber Helmut Feldmann konnte auch anders. Er habilitierte sich über ein italienisches Thema (Carlo Gozzi) in Köln, wohin er zusammen mit Professor Müller-Bochat und einigen Kollegen aus Bochumer Zeiten wechselte und verschwand wieder. Wohin? Nach Brasilien. Er verbrachte auf Einladung von Afrânho Coutinho ein Jahr in Rio de Janeiro als postgraduierter Professor für Vergleichende Literaturwissenschaft, trat dann eine Stelle als Dozent an der Kölner Universität an, heiratete die Musikerin und Sängerin Yoko Hanabusa und ging als Lektor für Deutsch an die Universität von João Pessoa (Universidade Federal de Paraíba).

Dem Drängen seiner jungen Frau folgend wechselte sein wissenschaftliches Interesse in den fernen Osten. Davon zeugt sein Buch über Wenceslau de Moraes (1854 – 1929), der die letzten 30 Jahre seines Lebens in Japan verbrachte. Darüber hinaus entstehen Studien zu portugiesischen Reiseschriftstellern des 16. und 17. Jahrhunderts, die den Zugang nach Japan eröffneten. 1991 findet unter Leitung von Helmut Feldmann in Köln das Kolloquium „Portugal e Japão nos séculos XVI e XVII: a cultura Nanban“ statt.

Immer mehr verbindet sich der Lebensweg von Helmut Feldmann mit der Universität zu Köln. In Köln gab es das von Leo Spitzer 1932 gegründete Portugiesisch-Brasilianische Institut, das ab 1950 von Joseph Maria Piel und ab 1968 von Eberhard Müller-Bochat geleitet wurde. Hier konzentrierte sich die Aktivität Helmut Feldmanns, der schließlich die Leitung des Instituts übernahm. Das brasilianische Lektorat wurde zeitweilig durch einen Lehrstuhl für brasilianische Studien ersetzt, wodurch eine Vielzahl von brasilianischen Schriftstellern und Professoren nach Köln kommen konnte, um die brasilianische Kultur verstärkt neben der portugiesischen zu Gehör zu bringen. Publikationen und administrative Zusammenarbeit zeugen von diesem Bemühen. Aktuelle Themen aus der Zeit der Militärherrschaft (1964-1984) wurden von Helmut Feldmann zusammen mit Dietrich Briesemeister und Silviano Santiago bearbeitet und Verträge zwischen der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln und dem Centro de Humanidades der Universidade Federal do Ceará geschlossen (1983), die 1990 auf die Ebene der Rektorate der beiden Universitäten erhoben wurden. Dadurch wurde der Austausch von jungen Wissenschaftlern der beiden Seiten verstärkt. Helmut Feldmann sorgte dafür, dass der Studiengang Regionalwissenschaft Lateinamerika nicht nur Erasmusstudenten aus Portugal, sondern auch Studierende aus Fortaleza und Campinas, die vom DAAD Stipendien erhielten, aufnahm, und er erweiterte die Bindungen zwischen der Universidade Federal do Ceará und Köln durch Verträge mit der Fachhochschule Köln und der Universidade de Carirí in Crato.

Wichtig waren die gesellschaftlichen Abende im Hause Feldmann. Anlässe waren meistens Einladungen an Schriftsteller und Kollegen aus dem In- und Ausland, die Vorträge in der Universität Köln hielten. António Lobo Antunes aus Portugal, Linhares Filho und Teoberto Landim aus dem Ceará, Domício Proença Filho aus Rio de Janeiro – um nur einige zu nennen – bevölkerten sein Haus, und wir profitierten von Helmut Feldmanns Freigebigkeit und Yokos Arbeitseinsatz.

1992 erfolgte die Gründung des „Zentrum Portugiesischsprachige Welt“ mit Abteilungen zu Portugal, Brasilien, zu Afrika und Asien. Als An-Institut war ein Trägerverein notwendig. Alles hatte Helmut Feldmann bedacht: Er gründete die Gesellschaft für Wissenschaft, Kulturen und Wirtschaft der Länder Portugiesischer Sprache (GLPS). Die Gesellschaft existiert noch heute. 1994 initiierte er die zweiwöchige spektakuläre Reise von rund einhundert Angehörigen der Universität zu Köln, der Stadt und wichtiger Industriebetriebe nach Fortaleza. Die Lufthansa organisierte den bis heute einmaligen Direktflug von Köln nach Fortaleza.

Schon 1984 sorgte er an der Seite von Prof. Manfred Kuder für die Gründung der Deutschen Gesellschaft für die Afrikanischen Staaten Portugiesischer Sprache (DASP). Als Ehrendoktor der Bundesuniversität von Ceará umspannte er in der Forschung und der Lehre die gesamte portugiesischsprachige Welt. „Goa und Portugal“ oder “O movimenteo sócio-religioso de Canudos“ wurden Themen von Kolloquien in Köln.

Nach seiner Pensionierung wurde es ruhiger um Helmut Feldmann. Krankheit und Tod seiner Frau Yoko machten ihn häuslicher, ohne seine Sehnsucht nach Brasilien zu stillen. Immer wieder zog es ihn hin an den Ort, an dem sein akademisches Leben als Universitätslehrer begonnen hatte. Die Stationen seiner Vita zeigen darüber hinaus auch, dass die lusitanische Welt in vier Kontinenten seine Heimat war. In all diesen Bereichen hat er geforscht und publiziert.

Helmut Feldmann verstarb am 22.02.2023 im Kreise seiner Familie. Die Universität zu Köln verliert ein umtriebiges Mitglied. Wir alle verlieren einen großartigen Menschen. Wir verneigen uns vor Helmut Feldmann.

Helmut Siepmann
Leiter der Portugalabteilung des „Zentrums Portugiesischsprachige Welt“ am Portugiesisch-Brasilianischen Institut der Universität zu Köln

Beitrag von: Janek Scholz

Redaktion: Robert Hesselbach