Online-Vortrag im Rahmen des Literatur- und Kulturwissenschaftlichen Kolloquiums der Europa-Universität Flensburg

Wie wird Weltliteratur gemacht? García Márquez als Modellfall
Prof. Dr. Gesine Müller (Universität zu Köln)

am 27. April 2023, 12.15 – 13.45 Uhr
online: https://uni-flensburg.webex.com/uni-flensburg/j.php?MTID=m9eea68a0577a4b343fe5edc08fa47c5c

Abstract:
Gabriel García Márquez’ Roman Cien años de soledad (1967) gilt bis heute als das weltweit bekannteste literarische Werk lateinamerikanischer Provenienz. Der Vortrag nähert sich der Frage nach dem Konstruktionscharakter von Weltliteratur, indem er die García-Márquez-Rezeption in ihren weltweiten Dimensionen fokussiert und insbesondere hinsichtlich von Süd-Süd-Beziehungen. Dabei werden spezifische Rezeptionsfilter in verschiedenen sozialen, ökonomischen und politischen Konstellationen herausgearbeitet, etwa was die Kontexte USA, Indien und China betrifft. Es zeigt sich, dass die Denominationszentren des Globalen Nordens eine enorme Macht ausüben, was die weltweite Rezeption des Magischen Realismus angeht, aber auch, dass eine Süd-Süd-Perspektive heuristisches Potential liefern kann, welches sich aus der Frage nach der möglichen Existenz dezidiert ‚südlicher‘ Ästhetiken und Repräsentationsformen speist. Dies ist umso mehr von Bedeutung, wenn man den Blick auf die literarische Modellierung geteilter historischer Erfahrungen innerhalb des Globalen Südens legt, welche von der Kolonialgeschichte bis zur Einbindung in die ökonomischen, sozialen und kulturellen Transformationsprozesse der globalen Moderne reichen.

Gesine Müller ist Professorin für Romanische Philologie an der Universität zu Köln sowie Principal Investigator am Global South Studies Center (GSSC, Universität zu Köln) und am Maria Sibylla Merian Centre Conviviality-Inequality in Latin America (MECILA) in São Paulo. Sie promovierte 2003 an der Universität Münster mit einer Arbeit über die Rezeption lateinamerikanischer Boom-Autoren heute und habilitierte 2011 an der Universität Potsdam zum Thema Die koloniale Karibik. Transferprozesse in frankophonen und hispanophonen Literaturen. Seit 2022 ist Leiterin des Projekts Post-globale Ästhetiken (DFG) sowie davor des Projekts Reading Global. Constructions of World Literature and Latin America (European Research Council, 2015-2022) und der Emmy Noether-Nachwuchsgruppe Koloniale Transferprozesse in der Literatur des 19. Jahrhunderts (DFG, 2008-2015).

Zum Programm des Literatur- und Kulturwissenschaftlichen Kolloquiums der Europa-Universität Flensburg im Frühjahr 2023:
https://www.uni-flensburg.de/romanisches-seminar/forschung-projekte/aktuelle-projekte/literatur-und-kulturwissenschaftliches-kolloquium-frse-2023

Beitrag von: Matteo Anastasio

Redaktion: Robert Hesselbach