Formen des Erinnerns in der Frühen Neuzeit
Stadt: Wien
Beginn: 2025-11-07
Workshop am Institut für Romanistik der Universität Wien
Universitätscampus AAKH, Spitalgasse 2 – Hof 8, Hörsaal ROM 14
In der Frühen Neuzeit verändern sich die kulturellen Bedingungen des Erinnerns auf einschneidende Weise. Mediale, historische und epistemologische Entwicklungen wie die Verbreitung des Buchdrucks, die Konfrontation mit dem ‚Neuen‘ im Zuge der europäischen Expansion und die rinascimentale Pluralisierung des Wahrheitsbegriffs führen dazu, dass die Masse des Wiss- und Lesbaren kaum noch beherrscht werden kann. Angesichts der voranschreitenden Neuordnung des Verhältnisses von Erfahrungsraum und Erwartungshorizont stellt sich zudem die Frage, welche Orientierung das kulturelle Gedächtnis für die Bewältigung der Gegenwart und der Zukunft bereitstellt.
Der Workshop untersucht literarische Konfigurationen des Erinnerns im Kontext der Frühen Neuzeit und fokussiert dabei insbesondere den Nexus zwischen Erinnungsprozessen und textuellen Formen. Er geht davon aus, dass unterschiedliche Gattungen, Schreibarten und Strukturprinzipien das Erinnern im Verlauf der Rezeption steuern und prägen. Das Spektrum der ästhetischen Erinnerungspraktiken und die Arten ‚mnestischer‘ Subjektivität, denen die Beiträge des Workshops nachgehen, reichen von lyrischen Ritualen über theatrale Verkörperungen des Erinnerns bis zu autobiographischen Erzählungen.
Programm:
9.00–9.15
Begrüßung und Einführung (MANUEL MÜHLBACHER)
Lyrische Formen des Erinnerns
9.15–10.00
CHRISTIANE MÜLLER-LÜNESCHLOß (KIEL):
‚Petrarkistisches Erinnern‘ bei italienischsprachigen Schriftstellerinnen der Frühen Neuzeit
10.00–10.45
STEPHANIE WODIANKA (ROSTOCK):
Im Paradox der Erinnerung? Ästhetik und Performanz spiritueller Erfahrung in der oraison mentale / orazione mentale
Leben, Erzählen, Erinnern
11.15–12.00
MARLEN BIDWELL-STEINER (WIEN):
Zur Memoriakonstruktion zweier zeitgleicher spanischer Ichnarrationen: La Vida von Teresa de Jesús und Lazarillo de Tormes (anon.)
12.00–12.45
STEPHANIE BÉREIZIAT-LANG (HEIDELBERG):
Wandern, Erinnern und Vertexten bei Fray Diego de Ocaña
Mnestische Dynamiken im Roman
14.30–15.15
SVENJA SOPHIE KRAUSE (MÜNSTER):
wann ich es yetzo in mein hertz gedruckt unnd gefasset hab tzu ainer unvergessenlichenn gedaͤchtnuß. Pseudoreligiöses Erinnern im Fortunatus
15.15–16.00
PHILIP STOCKBRUGGER (WIEN):
„La memoria de’ tempi felici“: Girolamo Brusonis Trilogia di Glisomiro und das künstliche Gedächtnis
Szenische und narrative Politiken des Erinnerns
16.30–17.15
KIRSTEN DICKHAUT (STUTTGART):
Zwei Körper der Erinnerung: Inszenierung und Wahrnehmung Ludwigs XIV. auf der Bühne
17.15–18.00
MANUEL MÜHLBACHER (WIEN):
„Je le reconnus et il ne feignit point de me méconnaître“: Narration und Sozialisation des Erinnerns in Gil Blas de Santillane
Beitrag von: Manuel Mühlbacher
Redaktion: Robert Hesselbach