Stadt: Konstanz

Frist: 2016-05-31

Beginn: 2016-09-12

Ende: 2016-09-16

URL: http://mediaandparticipation.com/

Veranstalter:
FOR “Mediale Teilhabe. Partizipation zwischen Anspruch und Inanspruchnahme”, Universität Konstanz
DFG-Graduiertenkolleg “Locating Media”/SFB “Medien der Kooperation”, Universität Siegen
Graduiertenkolleg “Lose Verbindungen. Kollektivität im digitalen und urbanen Raum”, Universität Hamburg

Veranstaltungsort: Universität Konstanz, Senatssaal
Datum: 12.-16.09.2016

CALL FOR PAPERS

Teilhabe ist in Raum und Zeit situiert wie sie gleichzeitig Teilhabende und Nicht-Teilhabende verortet und situationsbezogene Anforderungen an sie stellt. Die Untersuchung des Zusammenhangs von Medien und Partizipation bedarf daher einer Analyse der je spezifischen relationalen Gefüge, in denen Teilhabende und Nicht-Teilhabende, Einschluss und Ausschluss, Gemeinschaft und Einzelne, menschliche und nicht-menschliche Akteure wechselseitig verfertigt werden. Unter dem Konzept „Situationen der Teilhabe“ sollen im Rahmen der Sommerakademie unterschiedliche Konstellationen in ihren raumzeitlichen Besonderheiten beleuchtet werden. Mit dem Begriff der Situation ist sowohl eine besondere Lokalität, als auch ein (historischer) Moment angesprochen, in dem Teilhabe an Vorgängen der Gemeinschaftsbildung ermöglicht, erschwert oder verhindert wird. Teilhabe wird dabei nicht als fraglos wünschenswerter gesellschaftlicher Zustand verstanden, sondern als unabgeschlossener Prozess, der von sozialen ebenso wie technischen Bedingungen abhängig ist und – häufig konfliktreich – die Relationen zwischen Teilhabenden und Nicht-Teilhabenden verfertigt. Ziel der Sommerakademie ist es, die Pluralität und Diversität von Teilhabeprozessen vergleichend in den Blick zu nehmen. Gefragt wird nach den Grenzziehungen, Bewegungen, Strukturen und Affekten, die Situationen der Teilhabe kennzeichnen. Erwünscht ist die Einreichung von Fallstudien, die sich einem der vier folgenden Themen zuordnen lassen:

Regionalität
Als Begriff mittlerer Reichweite zwischen Lokalität und Globalität bezieht sich Regionalität sowohl auf räumliche Begrenztheit, als auch auf den Umstand, dass ein Gebiet durch spezifische Charakteristika mehrere Orte umfassen und so Vorgänge der Gemeinschafts-bildung prägen kann. Regionale Gemeinschaften können von Marginalisierung und beschränktem Zugang zu, oder gar Ausschluss von, überregionalen Vorgängen gekennzeichnet sein. Ebenso können sie Zusammensein als eine besondere Form des Teilhabens in und an einem Gebiet bestimmen, wobei medientechnische Konstellationen (Regionalsen¬der, regionale Tageszeitungen, bürgerjournalistische Blogs, ortsbezogene Apps) sowohl Begrenzung als auch Einheitsbildung verfertigen. Als kritischer Begriff vermag Regionalität die zunehmende Durchdringung von Globalität und Lokalität kenntlich zu machen, sowie auf die Ortsgebundenheit und Situiertheit von Wissen zu verweisen: Ortskundigkeit als spezifisch regionales Wissen hat begrenzte Geltung und Relevanz. Sie verdeutlicht die enge Verflechtung von Macht und Wissen, fungiert jedoch gleichzeitig als Bedingung der Teilhabe innerhalb eines bestimmten Gebiets und unterscheidet Regionen voneinander. Mittels des Konzepts der Regionalität können somit die Grenzen zwischen Teilhabe und Nicht-Teilhabe ebenso diskutiert werden wie Schauplätze der Teilhabe in den Blick rücken, bei denen Grenzen zwischen und Unterscheidungen von Regionen als Garanten der Gemeinschafts¬bildung fungieren. Regionalität wäre somit nicht nur im geographischen Sinne sondern als eine epistemologische Figur zu verstehen, die unterschiedliche Wissens- und Kenntnisbereiche als Bedingung für Situationen der Teilhabe in den Blick rückt.

Mobilität
Die Beleuchtung von Situationen der Teilhabe impliziert auch, dass Teilhabe kein Zustand, sondern vielmehr ein Vorgang der ständigen Verfertigung von Gemeinschaften, Ein- und Ausschlüssen und somit immer in Bewegung ist. Dieser Aspekt rückt besonders die Mobilität von Akteuren, Gemeinschaften bzw. Medientechniken in den Blick. Mobilität kann als Voraussetzung für die Teilhabe an gesellschaftlichem Wohlstand und als Anforderung an flexible und ungebundene Subjekte eine Rolle spielen. In Migrationsbewegungen führt Mobilität zu Konfliktfeldern der Re-Strukturierung von Gemeinschaften und Verschiebungen im Wechselspiel von Ein- und Ausschlussgesten. Mobile Medien wiederum ermöglichen und bedingen die Teilhabe an und die Herausbildung von mobilen Gemeinschaften und stellen Unterscheidungen wie Nähe und Ferne, Anwesenheit und Abwesenheit in Frage. Die Trajektorien von Subjekten, Gemeinschaften und Medien, ihre Bewegung und Beweglichkeit in Raum und Zeit hat zur Konsequenz, dass Situationen der Teilhabe von anderen Zeiten und anderen Orten durchdrungen werden und somit stets mit Asynchronie und Heterogenität konfrontiert sind.

Infrastrukturen
Der Begriff der Infrastruktur hat, weit über die Grenzen einzelner Disziplinen oder Zugriffe hinaus, Trennungen zwischen sozialen und technischen Faktoren der Teilhabe nachhaltig in Frage gestellt. Infrastrukturen organisieren soziotechnische Teilhabeformen, lokale, regionale wie globale Zugänge zu Mobilität, Bildung, Energie, Kommunikation und Öffentlichkeit. Der Begriff umfasst sowohl die großen, gebauten, zu reparierenden und auf Dauer gestellten Infrastrukturen, organisatorische Praktiken zur stetigen Realisierung von Arbeit wie auch kleine, situative Momente des ‚Infrastrukturierens’. Infrastrukturen werden dabei fortwährend neu verfertigt. In ihnen wird jeweils orts- und situationsbezogen agiert. Sie bringen im Falle öffentlicher Infrastrukturen stets Fragen der Teilhabe, Kontroversen um Zugang, Nutzungsformen und Allgemeingüter (Commons) mit sich. Im Falle privater Infrastrukturen entzünden sich an ihnen oftmals Eigentumsfragen.
Mittlerweile hat sich ein praxistheoretisch geleitetes Verständnis von Infrastrukturen etabliert. So haben u.a. Susan Leigh Star, Karen Ruhleder und Geoffrey Bowker den Begriff des „infrastructuring“ vorgeschlagen, mit dem sich die kooperative Verfertigung und infrastrukturelle Einbettung geteilter Situationen fassen lässt. Durch infrastructuring werden Situationen der Teilhabe wechselseitig hergestellt, und zugleich werden Situationen wechselseitig infrastrukturiert, indem Akteure sich über Maßstab und Reichweite ihres Handelns verständigen. Jede Infrastruktur, so ist anzunehmen, bringt ihre spezifischen Situationen der Teilhabe, aber auch der Nicht-Teilhabe mit sich. Diese werden zumeist – gerade im Fall von allgemein zugänglichen Infrastrukturen – kontrovers und öffentlich ausgehandelt: Situationen individueller und kollektiver Teilhabe an Infrastrukturen lassen sich über eben jene strittigen und reflexiven Momente erfassen, in dem die gemeinsam genutzten Ressourcen auf dem Spiel stehen.

Affektivität
Die Situiertheit von Teilhabe verweist auch auf die in der Situation anwesenden Körper, mit denen partizipiert wird. Diese sind nicht länger ausschließlich als Displays und damit als (unwillkürliche) Kommunikationspartizipanden thematisch (wir können nicht aufhören mit unseren Körpern zu kommunizieren), sondern kommen zunehmend als empfindende und einander affizierende Körper in den Blick. Affektive Körper unterlaufen in ihrem Reagieren nicht nur den rationalen Akteur, sondern auch den in an Praktiken routiniert und gekonnt teilnehmenden Körper (Habitus). Affektive Momente in Situationen der Teilhabe zwischen heterogenen Akteuren verweisen damit besonders auf bestimmte Qualitäten der Intensität, der Gefühle, der Spannungen, der Stimmungen oder auch der Involviertheit. Daher ist auch besonders die Materialität der Körper, die Körperlichkeit der Teilhabenden entscheidend. Affekte haben selbst eine Eigenlogik, die sich primär körperlich zeigt. Jenseits von Intentionen, bringen Affekte unterschiedliche Teilhabende zusammen und können sie auch wieder voneinander lösen. Diese affektiven Dynamiken ermöglichen neue Formen von Kollektivität (being alone together, intimate strangers, aktionistische Schwärme, algorithmische Kollektive) erfordern aber auch neue Praktiken des (regulierenden) Umgangs.

Bewerbungsmodalitäten
Die Veranstaltung in Konstanz richtet sich an interessierte DoktorandInnen und PostdoktorandInnen aus Sozial-, Kultur-, Medienwissenschaft oder Informatik mit Interesse an interdisziplinärer Diskussion. Damit eine produktive Arbeitsatmosphäre entstehen kann, ist die Teilnehmerzahl auf 25 Personen begrenzt. Interessenten bitten wir um die Einsendung eines Abstracts, das sich thematisch in einen oder mehrere der genannten Teilbereiche einschreibt. Das Paper sollte den Umfang von zwei Seiten nicht überschreiten, die Relevanz Ihrer Fragestellung im Rahmen aktueller Forschungen hervorheben und deutlich machen, in welcher Form Ihr Projekt auf Begriffe und Konzepte von Teilhabe sowie die anderen Aspekte Bezug nimmt. Bitte fügen Sie Ihrer Bewerbung auch eine kurze bio-bibliographische Notiz bei. Eine Teilnahmegebühr wird nicht erhoben, Anreise und Unterkunft müssen selbst getragen werden. Je nach Verfügbarkeit der Mittel ist eine Bezuschussung auf Antrag möglich.
Um die Sommerakademie, die vom 12.-16. September 2016 in Konstanz stattfinden wird, vorbereiten zu können, bitten wir um die Einsendung Ihrer Unterlagen bis spätestens 31. Mai 2016 an: mediale.teilhabe.kn[at]gmail.com.

Beitrag von: Robert Stock

Redaktion: Christof Schöch