Nachwuchs-Workshop und Abendvorträge: “Forschungsfeld: Feldforschung. Erkundungen zwischen Literaturwissenschaft und Ethnologie”
6.–8. März 2017, DFG-Graduiertenkolleg „Selbst-Bildungen. Praktiken der Subjektivierung“, Universität Oldenburg, organisiert von Björn Bertrams (Univ. Oldenburg) und Elisabeth Heyne (TU Dresden)

Abendvorträge im Rahmen des Workshops: (Univ. Oldenburg, BIS-Saal): 

6.3.2017, 18.15 Uhr: Keynote von Nicola Gess (Basel): Früchte der Ethnologie? Ursprung, Kreativität und prälogisches Denken in Literatur und Literaturwissenschaft im frühen 20. Jahrhundert

7.3. 2017, 18.00 Uhr: Keynote von Karl-Heinz Kohl (Frankfurt): Ethnografische Feldforschung zwischen Zivilisationsflucht und wissenschaftlicher Methode

Nachwuchs-Workshop: (Univ. Oldenburg,  GK-Seminarraum A3 1-109)

Seit den 1980er Jahren ist eine anhaltende Verflechtung der Disziplinen Ethnologie und Literaturwissenschaft zu beobachten. In der Projektierung der Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft nimmt das der Ethnologie zugrunde liegende Prinzip des othering eine Schlüsselfunktion ein. Umgekehrt betätigt sich die Ethnologie immer wieder in texthermeneutischen Auslegungen ihrer eigenen historisch gewordenen Wissensprodukte und erneuert dadurch ihr Selbstverständnis. Dem Workshop geht es darum, aktuelle Forschungsprojekte zu präsentieren und zu diskutieren, die an der Schnittstelle von Ethnologie und Literaturwissenschaft angesiedelt sind. In betonter Offenheit soll die Konvergenzzone beider Disziplinen anhand ihrer theoretischen und methodologischen Überlagerungen erkundet werden.

Der Zugang zu dieser Schnittstelle erfolgt im Workshop auf drei Ebenen: Ideengeschichtlich sucht er nach gemeinsamen Denkfiguren von Ethnologie und Literaturwissenschaft, wie etwa in Figuren des „Anderen“, des Primitiven, des Tricksters o.ä. Fachgeschichtlich fragt er nach der Bedeutung von Literatur (literary/reflexive turn) bzw. von poetologischen Konzepten (z.B. Mimesis) in der Ethnologie und umgekehrt nach der Bedeutung von ethnologischen Konzepten in der Literaturwissenschaft (Ritual, rites de passage, bricolage). Und schließlich untersucht er im Sinne einer transdisziplinären Perspektive sowohl das in der Ethnologie beheimatete Textgenre der Ethnografie nach ästhetisch-literarischen Gesichtspunkten als auch literarische Texte auf der Ethnografie verwandte oder entlehnte Figurationen und Verfahren (bspw. auch Techniken des Sammelns und An‑/Ordnens).

Der Workshop richtet sich an Doktorand_innen und Postdoktorand_innen der Literatur‑ und Kulturwissenschaften sowie der Ethnologie und Kulturanthropologie, die Projekte im skizzierten Bereich verfolgen. Die Veranstaltung versteht sich explizit als Forschungswerkstatt, die auf eine produktive Besprechung fortlaufender Arbeiten aus ist. Ergänzt werden die beiden Workshop-Tage durch öffentliche Abendvorträge aus beiden Disziplinen von Prof. Dr. Nicola Gess (Basel) und Prof. Dr. Karl-Heinz Kohl (Frankfurt a.M.).

Programm:

Montag, 06. März 2017

18.00 Uhr         Björn Bertrams / Elisabeth Heyne: Begrüßung und Einführung
18.15 Uhr         Keynote von Nicola Gess (Basel): Früchte der Ethnologie? Ursprung, Kreativität und prälogisches Denken in Literatur und Literaturwissenschaft im frühen 20. Jahrhundert

Dienstag, 07. März 2017

Medialisierungen

09.00 Uhr         Daniela Gretz (Köln): Zur Konvergenz zwischen Zeitschriftenkultur und Innerafrikadiskurs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Textdiskussion)
10.00 Uhr         Astrid Elisabeth Reichel (Basel): From Patterns of Culture to ‘In Parables’: Cultural Representation in the Ethnography and Poetry of Ruth Benedict (1887-1948)

Texturen
11.10 Uhr         Björn Bertrams (Oldenburg): Ästhetische Reflexivität als ethnografisches Textverfahren: Michel Leiris und Hubert Fichte
12.00 Uhr         Elisabeth Heyne (Dresden/Basel): Sammeln als Mimese. Zu Verfahren einer Wissenschaft des Imaginären (Elias Canetti/Roger Caillois) (Textdiskussion)

Affektionen

13.50 Uhr         Antonio Roselli (Paderborn): „[V]om Wesen der Dinge ergriffen“: Ethnografisches Schreiben als ästhetische Praxis bei Leo Frobenius
14.50 Uhr         Fermin Suter (Basel): Die Emotionen der Anderen. Reisebericht, Ethnologie und das Problem der Empathie

Denkfiguren

16.10 Uhr         Christoph Sauer (Berlin): Die teilnehmende Beobachtung als Denkfigur der Moderne am Beispiel Joseph Roth (Textdiskussion)
17.10 Uhr         Katarina Rempe (Osnabrück) Poetik des mythischen Denkens bei Guillaume Apollinaire – am Beispiel der Kategorien Raum und Zeit

18.15 Uhr         Keynote von Karl-Heinz Kohl (Frankfurt): Ethnografische Feldforschung zwischen Zivilisationsflucht und wissenschaftlicher Methode

Mittwoch, 08. März 2017

Poetisierungen

9.00 Uhr           Isadora Teixeira Vilela (Bayreuth): Überlegungen zum Reiseroman „Frey Apollonio. Ein Roman aus Brasilien, erlebt und erzählt von Hartoman“
10.00 Uhr         Johann Thun (Leipzig/Lyon): Surrealistische Ethnologie? Benjamin Péret und Pierre Mabille als ‚Vorläufer‘ der Ethnopoesie

(Am Rande der) Forschungskulturen

11.10 Uhr         Stefan Wellgraf (Frankfurt/O): Ethnografischer Surrealismus. Konjunkturen und Potenziale poetischer Ethnografie
12.00 Uhr         Lena Vöcklinghaus (Frankfurt/M): Vorschläge für eine Analyse gesprochener Literatur. Zum Import ethnologischer Forschungsmethoden in die Literaturwissenschaft

Um Anmeldung wird gebeten: bjoern.bertrams(at)uni-oldenburg.de

Beitrag von: Elisabeth Heyne

Redaktion: Christof Schöch