Stadt: Berlin

Frist: 2018-02-25

4.–6. Juli 2018
an der Humboldt-Universität zu Berlin

Bewerbungsschluss: 25. Februar 2018

Die didaktische Auswahl und Aufbereitung von geeigneten Autoren, Texten und Abbildungen in Form von Arbeitsblättern, Lehrbüchern etc. für den Schulunterricht scheint auf den ersten Blick unauffällig. Doch sie erhalten im Rahmen des Graduiertenkollegs »Literatur- und Wissensgeschichte kleiner Formen« und der Erforschung kleiner Formen in ihrer ästhetischen und ökonomischen Bedingtheit wie auch ihrer epistemologischen Funktion neue Bedeutsamkeit. Kleinformen des Schreibens wie Skizzen, Abstracts, Notizen, Protokolle, Exzerpte, Essays, Anekdoten, Sprichwörter und Paratexte können in ihrer Bedeutung für den schulischen Unterricht wie für die Forschung kaum überschätzt werden. Innerhalb der Erforschung kleiner Formen stellen Gebrauchskontexte im Lehr-Lernalltag bislang ein Desiderat dar. Sowohl der für den Schulunterricht ausgewählte Text wie auch die Unterrichtskonzeption und das erstellte Lernmaterial unterliegen jeweils bestimmten ökonomischen Zwängen, stellen bestimmte Ansprüche an den produzierten Text in Form und Inhalt und intendieren eine bestimmte Rezeption. Dabei durchlaufen die kleinen Formen des Quelltextes einen langen Prozess über die Entdeckung, Aufarbeitung und Rezeption des Textes als Gegenstand der Forschung bis hin zu seiner Bearbeitung und Transformation zum Zweck der Unterrichtskonzeption.

Im Rahmen des Workshops stellt sich daher die Frage, ob der schulische Unterricht eine grundlegende, vielleicht unvermeidliche, Affinität zu kleinen Formen aufweist, ja sogar spezifische kleine Formen hervorbringt. Diese Frage stellt sich umso mehr mit Blick auf die Veränderungen der Kulturtechniken des Lesens und Schreibens im Zuge der Digitalisierung und die daraus entstehenden Implikationen für schulischen Unterricht.
Die räumlichen und zeitlichen Bedingungen von modernem Schulunterricht führen zu einer notwendigen, kriteriengeleiteten Selektion von Inhalten und Unterrichtsmaterialien. Zugleich muss die Qualität der Vermittlung gewahrt bleiben. Dieses Spannungsverhältnis findet sich gleichermaßen in sprachlichem wie auch naturwissenschaftlichem Unterricht. In diesem Kontext sind etwa didaktische Sollbruchstellen im Lernmaterial interessant, ebenso die Erstellung von materialgestützen Aufgaben: Hier werden ausgewählte, gekürzte und modifizierte Texte und Abbildungen in einem neuen Kontext zusammengeführt, in einer bestimmten paratextuellen Umgebung angeordnet. Auch für die Lehrbuchkonzeption werden ausgewählte und bearbeitete Texte und Abbildungen in einem thematischen Rahmen angeordnet und zusammen mit verschiedenen Paratexten präsentiert. Dabei stehen Ökonomie, Ästhetik und epistemologische Funktionen kleiner Formen im Unterricht in einem Spannungsverhältnis zu ökonomischen und ästhetischen Erfordernissen der verlegerischen Tätigkeit und Lehrbuchkonzeption.

Schließlich gehört zum schulischen Unterricht auch die Produktion kleiner Formen durch die Schülerinnen und Schüler selbst, etwa das Anlegen von Listen, Exzerpten oder das Anfertigen von Skizzen und Protokollen. Hierbei zeigen sich vielfältige Wechselwirkungen zwischen der Rolle der Schülerinnen und Schüler als Rezipienten und Produzenten, für die diese »little tools of knowledge« die essentielle Grundlage im schulischen Alltag bilden.

Um die wechselseitige Beziehung kleiner Formen des Schreibens und der didaktischen Unterrichtskonzeption in ihrer Entstehung und Entwicklung zu erforschen, bedarf es nicht zuletzt einer historischen Kontextualisierung des Einsatzes kleiner Formen im Schulunterricht, um so auch Kontinuitäten wie Diskontinuitäten aufzuzeigen und in Bezug zu setzen.

Die folgenden Themenfelder bilden einen möglichen, aber nicht ausschließlichen Ansatzpunkt für die Auseinandersetzung:

  • Kleine Formen und ihr Einsatz im Unterricht – damals wie heute?
  • Kleine Formen und ihr Einsatz im Unterricht – Möglichkeiten und Grenzen
  • Kleine Formen im naturwissenschaftlichen Unterricht: Textauszüge, Protokolle, Listen, Paratexte, Graphen etc.
  • Kleine Formen im sprachlichen Unterricht: Anektdoten, Exzerpte, Essays, Exempla, Protokolle, Sprichwörter etc.
  • Textbearbeitung: Vom Originaltext zum Arbeitsmaterial
  • Lehrbuchkonzeption und kleine Formen
  • Ökonomie des Unterrichts vs. Ökonomie des Lehrbuchs: Welche Formen passen?
  • Digitalisierung und Schulunterricht
  • unterrichtsspezifische kleine Formen

Die Ausschreibung richtet sich an Forscher*innen aus den verschiedenen Bereichen der Philologien und Naturwissenschaften ebenso an Verlagsmitarbeiter*innen.

Bewerbungen können für Vorträge (30 Minuten + 15 Minuten Diskussion) oder Arbeitskreise (45 min; interaktive Gestaltung) erfolgen. Bewerbungen können in Form eines Abstracts (max. 1 Seite) in Deutsch oder English an folgende E-Mail-Adresse gerichtet werden: julia.heideklang@staff.hu-berlin.de.

Reise- und Aufwandskosten werden nach den gegeben Möglichkeiten versucht zu übernehmen.

Beitrag von: Redaktion romanistik.de

Redaktion: Christof Schöch