Stadt: Heidelberg

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Armut und Reichtum in Italien
Zibaldone. Zeitschrift für italienische Kultur der Gegenwart 75

Thema des Frühjahrshefts 2023 von Zibaldone. Zeitschrift für italienische Gegenwartskultur wird „Armut und Reichtum“ sein. Für die von Cora Rok und Daniel Winkler betreute Nummer suchen wir Aufsätze, die sich in historischer, sozialer, wirtschaftlicher und/oder kultureller Perspektive mit diesen Phänomenen in Italien auseinandersetzen und dabei entweder ihre Wechselwirkung beleuchten oder jeweils eines der Phänomene in den Fokus stellen.

Erst kürzlich konnte man im Kontext des Ukrainekriegs in den Zeitungen vermehrt von exklusiven Besitzungen von Oligarchen in Italien lesen, sei es in ausgesuchten Wohngegenden oder auf mediterranen Yachten. Wie kaum ein anderes Land gibt Italien den Blick frei auf ein reiches architektonisches Erbe, ist bekannt für seine wertvollen Kunstschätze, eine schillernde Modeindustrie und ein ‚dolce vita‘, das nicht nur von denen hochgehalten wird, die sich das ‚dolce far niente‘ auch wirklich leisten können. Gleichzeitig ist Italien das westeuropäische Land mit der umfassendsten Geschichte von Armutsemigration und Brain-Drain, einem relativ schwachen Sozialsystem und langen Phasen hoher Arbeitslosigkeit. Davon zeugen in den 2000er Jahren neben Presse und sozialen Medien auch zahlreiche Romane, Erzählungen und Dokumentationen rund um das Thema Prekarität.
Die Sorge, den Lebensstandard nicht halten oder das Kapital nicht vermehren zu können, ja es gar zu verlieren, lässt sich aktuell sowohl bei denjenigen, die an Wohlstand und Luxus gewöhnt sind, als auch bei sozialen Schichten beobachten, die nur geringen materiellen Besitz aufweisen oder in prekären Lebenssituationen leben. Wie eng Armut und Reichtum manchmal (geographisch, strukturell oder habituell) miteinander verbunden sind, hat Gianfranco Rosi vor einigen Jahren in seinem Dokumentarfilm Sacro GRA (2013) über die römische Ringautobahn bzw. die sie umgebenden Wohnzonen festgehalten.

Die neue Nummer von Zibaldone will das in manchen gesellschaftlichen Bereichen erstarrte, in anderen stark in Bewegung befindliche Verhältnis von arm und reich ausloten und stellt dabei u.a. folgende Fragen: Wo und wie kam und kommt es in Italien zu auffälligen Formen von Armut bzw. Vermögenskonzentration? Welche Formen von Reichtum bzw. Armut lassen sich bspw. im Risorgimento, welche zu Zeiten des Faschismus oder des Miracolo economico italiano ausmachen? Welche Rolle spielten und spielen Faktoren wie Erbschaft und Leistungsideologie, Wirtschaftswachstum und Desindustrialisierung? Welche Möglichkeiten staatlicher Umverteilung gab und gibt es abseits von Kriegen und Revolutionen? Welche Mittel gab und gibt es, um globale Verlagerungen von Kapital/strömen (Stichwort Steuern und Sanktionen) festzustellen? Und auf der Ebene künstlerischer Repräsentationen: Welche Ästhetiken gehen mit Luxus- oder Elendsnarrativen einher?

Vorschläge sind in Form von kurzen Resümees (max. 1500 Zeichen) bis zum 31.8.2022 an daniel.winkler@rose.uni-heidelberg.de und cora.rok@rose.uni-heidelberg.de zu senden. Die fertigen Beiträge sollen bis zum 30.12.2022 vorliegen und 18.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) nicht überschreiten. Weitere Informationen unter: https://zibaldone.univie.ac.at bzw. http://www.stauffenburg.de/asp/books.asp?id=863.

Beitrag von: Daniel Winkler

Redaktion: Daniel Winkler