Frist: 2023-04-14

Beginn: 2023-05-30

Ende: 2023-06-02

Vom 30. Mai bis 2. Juni 2023 können Studierende und Promovierende an der durch den DRV geförderten Sommerschule zu Übersetzung und Literaturwissenschaft teilnehmen. Im Zentrum stehen Inhalte zum Spannungsverhältnis von literarischen Werken und ihren Übersetzungen. Zur praktischen Einarbeitung in die im Theorieteil behandelten Probleme wird in gemeinsamer Arbeit ein literarischer Text aus dem Spanischen (bei Interesse aus dem Galicischen) ins Deutsche (oder, nach Absprache, auch in andere Sprachen) übertragen. Bewerbungen werden bis zum 14. April 2023 erbeten.

Reflexionsachsen
Die Sommerschule mit dem Titel „Literarische Werke im Spiegel ihrer Übersetzung. Kriterien und Leitparadigmen am Beispiel Galicischer Literatur“ hat zum Ziel, den romanistischen Nachwuchs für die Komplexität zu sensibilisieren, die im literatur- und auch kulturwissenschaftlichen Arbeiten mit literarischen Texten und ihren Übersetzungen entstehen kann. Hintergrund des Vorhabens bildet die Erfahrung, dass literarische Produktionen in Übersetzung Gegenstand universitärer (oder schulischer) romanistischer Lehre und literaturwissenschaftlicher Auseinandersetzung sind, dabei allerdings oftmals das Spannungsverhältnis zwischen Original und Übersetzung weitgehend unberücksichtigt bleibt. Übersetzungstheoretische Fragen können jedoch auch grundsätzliche literaturwissenschaftliche und -theoretische Fragen nach sich ziehen und sollten stärker in den Blick genommen werden: Dürfen oder sollten Übersetzungen Teil eines bestimmten Verständnisses von Werkhaftigkeit sein? Würde die ernsthafte Berücksichtigung von Übersetzungen einen neuen Werkbegriff erforderlich machen? Was genau macht die ‚Übersetzungsdimension‘ eines Werkes aus? Die Annäherung an diese und anverwandte Fragen macht eine Abwägung und Erörterung unterschiedlicher Theorien und Praktiken des Übersetzens erforderlich, um sich auch aus literaturwissenschaftlicher Sicht in diesem Spannungsfeld situieren zu können, wozu die Sommerschule einen Beitrag leisten möchte.
Ausgangspunkt der Auseinandersetzung sollen nicht nur Originalwerke sein, die in eine andere Sprache übertragen wurden, sondern es werden auch die möglichen Schwierigkeiten im Umgang mit einem übersetzten literarischen Werk Berücksichtigung finden: Wie können oder sollten Übersetzungen aus literaturwissenschaftlicher Sicht ‚beurteilt‘ werden? Ist das Werk im Original stets zu berücksichtigen – und inwiefern? So ergeben sich auch Fragen wie: Woran bemisst sich eine gelungene Übersetzung? Leistet hermeneutisches Übersetzen einen Mehrwert oder ist es verfälschend? Was bedeutet es für die Literarizität eines Textes, wenn dessen metaphorologische, motivliche, schreibstrategische Strukturierung alteriert wird? Können Übersetzungen aus literaturwissenschaftlicher Sicht überhaupt bewertet werden?
Die Auseinandersetzung mit dem Stellenwert von Übersetzungen im Verhältnis zu ihrem Original scheint besonders auch insofern im romanistischen Kontext geboten, als die (mitunter stark literarisierte) Übertragung von Werken durch Schriftsteller:innen eine lange Tradition hat. Doch auch in der Aktualität werden Übersetzungen – vor allem von Werken, die in kleinen romanischen Sprachen verfasst sind – häufig von den Autor:innen selbst geleistet. Ist mit Werkübersetzungen von Autor:innen – seien diese Übertragungen eigener Werke oder jener anderer Schriftsteller:innen – anders umzugehen als mit jenen berufstätiger Übersetzer:innen? Berücksichtigt werden sollen vor diesem Hintergrund auch poetologische Reflexionen zur Übersetzungstradition.

Programm
In enger Verschränkung mit der Translatologie werden zunächst literatur-, text- sowie kulturtheoretische Fragen erörtert, die mit der Übersetzung von literarischen Texten einhergehen. Ausgehend davon werden Möglichkeiten eines literaturwissenschaftlichen Umgangs mit literarischen Übersetzungen erarbeitet, welche dieser Werkdimension des Übersetzten Rechnung tragen. Da sich das Spannungsfeld zwischen Original und Übersetzung besonders in kleinen Literaturen akzentuiert, die vornehmlich vermittels Übersetzungen rezipiert werden, sollen diese Reflexionen am Beispiel des Galicischen aufgezeigt werden.
Für eine Anbindung der theoretischen Überlegungen wird im Rahmen der Sommerschule ein kurzer Erzähltext des galicisch- und spanischsprachigen Autors Miguel-Anxo Murado (*1965) übersetzt werden; dieser liegt sowohl auf Spanisch als auch auf Galicisch vor und soll ins Deutsche übertragen werden. Die Anfertigung einer Übersetzung in eine andere romanische Sprache ist ebenso denkbar und wäre bei Interesse möglich. Bitte geben Sie dies gegebenenfalls in Ihrer Bewerbung an.
Miguel-Anxo Murado ist ein Schriftsteller galicischer Herkunft. Neben seinem umfangreichen und mehrfach ausgezeichneten Werk in Essayistik, Lyrik, Erzählliteratur und Dramatik ist seine Tätigkeit als Drehbuchautor einerseits und als Journalist andererseits hervorzuheben. Er ist nicht nur in spanischen Tageszeitungen wie La Voz de Galicia zu lesen, sondern liefert auch Beiträge in The Guardian sowie der BBC. Miguel-Anxo Murado hat sowohl Werke auf Spanisch als auch auf Galicisch verfasst. Mit Miguel-Anxo Murado werden täglich etwaige Rückfragen geklärt.
Um den translatologischen Anforderungen des skizzierten Themenfeldes gerecht zu werden, findet die Sommerschule in enger Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Carsten Sinner (Iberoromanische Sprach- und Übersetzungswissenschaft, Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie der Universität Leipzig) statt.

Bewerbungsmodalitäten
Die Sommerschule richtet sich an fortgeschrittene Studierende, Promovierende und interessierte Forschende der Romanistik sowie der Übersetzungswissenschaft. Aufgrund des starken Praxisbezugs des Seminarprogramms sind sehr gute Spanisch- und/oder Galicischkenntnisse erforderlich. Erfahrungen im Übersetzen sind wünschenswert, jedoch nicht zwingend.
Bei Interesse wird bis 14. April 2023 ein Motivationsschreiben (ca. 1 Seite) sowie ein kurzer tabellarischer Lebenslauf an angela.calderon@uni-leipzig.de erbeten. Alle Teilnehmenden erhalten einen Reisekostenzuschuss. Zwar wird die Sommerschule von der Universität Leipzig ausgerichtet, als Tagungsort wird jedoch ein restauriertes Bauernhaus in Coswig (Sachsen-Anhalt) dienen; genaue Anreisedaten werden den Teilnehmenden nach Zusage bekannt gegeben. Es fallen keine weiteren Kosten für Unterkunft und Verpflegung an. Ein Teilnahmebeitrag wird nicht erhoben.
Für etwaige Rückfragen wenden Sie sich gerne an Ángela Calderón.

Beitrag von: Ángela Calderón Villarino

Redaktion: Ursula Winter