Stadt: Mannheim

Frist: 2015-01-15

Beginn: 2015-07-26

Ende: 2015-07-29

URL: http://www.romanistentag.de/

Sektionsleitung:
Dr. Anja Hennemann (Universität Potsdam) / Dr. Claudia Schlaak (Universität Münster)

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung, der wachsenden Arbeitsmigration und der damit einhergehenden unterschiedlichen Sprach- und Kulturkontakte kommt es im wirtschaftlichen Kontext zu neuen, insbesondere sprachlichen Herausforderungen, die bewältigt werden müssen. Hierzu sollte auch die Romanistik – vor allem mit ihrer sprach- und kulturwissenschaftlichen Ausrichtung – einen wesentlichen Beitrag liefern, denn in diesem Kontext könnte sie etwa der wachsenden Nachfrage nach fremdsprachlich und interkulturell fachkundigen Spezialisten im Bereich der nationalen und der internationalen Wirtschaftskommunikation entgegenkommen. Eine angewandte Sprachwissenschaft mit einem Bezug zur Wirtschaft kann nicht nur auf Probleme innerhalb wirtschaftlicher Diskurse oder etwa innerhalb interner und externer Unternehmenskommunikation eingehen und Lösungsansätze schaffen, sondern auch notwendige, für die Romanistik zukunftsweisende Kooperationen aufbauen und hierdurch einen wichtigen gesellschaftlichen Bezug herstellen.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt sich die Wirtschaftslinguistik als eine eigenständige Disziplin mit verschiedenen Strömungen heraus (cf. u.a. Steinhauer 2000, Winkelmann 2011). So kommt es, dass sich Linguisten vereinzelt mit sprachlichen Phänomenen (u.a. im Bereich der Lexik, Semantik, Diskurstraditionen) in Wirtschaftsdiskursen beschäftigen (cf. u.a. Ihle-Schmidt, 1983; Spillner, ed.1992; Brünner 2000). Da Studien innerhalb der Romanistik vor allem auf einzelne Analysen und ausgewählte Bereiche ausgerichtet sind, plädiert Winkelmann 2011 noch einmal für eine Wirtschaftslinguistik aus romanistischer Perspektive. Heutzutage besteht jedoch nach wie vor keine konsequente und breit gefächerte Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft und der romanistischen Linguistik. Einerseits scheinen die Berührungsängste noch groß, andererseits scheint die Fülle an Möglichkeiten linguistischer Analysen regelrecht zu einer Ohnmacht zu führen. Die Breite der Thematik zeigt sich auf verschiedenen Ebenen: ob man grundsätzliche Herausforderungen und Fragen innerhalb der interkulturellen Unternehmenskommunikation (Bungarten, 1994) behandelt oder einzelsprachliche Charakteristika in verschiedenen wirtschaftlichen Diskursen untersucht; z.B. die Analyse sprachlicher Strukturen in spanischen Börsenberichten (Böhm, 2013) oder die Betrachtung eines spezifischen Fachwortschatzes (cf. u.a. Schmitt, 1977 oder Ihle-Schmidt, 1983).

In der Sektion sollen daher Fallanalysen vorgestellt werden, die eine angewandte Sprachwissenschaft mit Bezug zur Wirtschaft aufzeigen: Es sollen sowohl
- materialsprachliche Analysen in verschiedenen Wirtschaftsdiskursen (u.a. sprachliche Strukturen in Börsenberichten, Pressetexten von Unternehmen);
- Studien zur betrieblichen Kommunikation innerhalb nationaler und internationaler Unternehmen, aber auch bezogen auf ihre Außendarstellung in den romanischen Ländern (z.B. vergleichende Analysen zu ähnlich wirtschaftlich ausgerichteten Unternehmen wie Renfe in Spanien oder SNCF in Frankreich bzw. Studien eines Unternehmens und dessen Darstellung wie etwa Ikea in Spanien, Frankreich, Portugal) als auch
- Untersuchungen zur interkulturellen Kommunikation unter besonderer Berück-sichtigung nationaler Kulturen romanischer Länder (z.B. Analyse von Diskurstraditionen innerhalb eines in Deutschland, Spanien und Frankreich ansässigen Betriebs)
Beachtung finden.

Ausgehend von den zu erwartenden vielfältig thematisch ausgerichteten Beiträgen bzw. Fallbeispielen wäre es wünschenswert, wenn die Teilnehmer ihre Analysen in der Weise auf Theorieebene heben, um einerseits mögliche Strategien zur Verbesserung von internen und externen Kommunikationsabläufen aufzuzeigen und andererseits Methoden und Konzepte für eine angewandte romanistische Wirtschaftslinguistik anzubieten. Wünschenswert wäre außerdem eine verstärkte Diskussion auf Theorieebene, um schließlich das Theoriedefizit im Bereich der romanistischen Linguistik zumindest eingrenzen zu können.

Bibliographie
- Böhm, Verónica (2013), „Evidentielle Markierung von fremden Äußerungen. Eine Analyse des spanischen Imperfekts in journalistischen Texten“, in: Anja Hennemann & Claudia Schlaak (Hrsg.), Korpuslinguistische Untersuchungen. Analysen einzelsprachlicher Phänomene, Berlin: Frank & Timme, 119-130.
- Brünner, Gisela (2000), Wirtschaftskommunikation. Linguistische Analyse ihrer mündlichen Formen, Tübingen, Niemeyer.
- Bungarten, Theo (1994), Unternehmenskommunikation. Linguistische Analysen und Be-schreibungen, Tostedt, Attikon.
- Ihle-Schmidt, Lieselotte (1983), Studien zur französischen Wirtschaftsfachsprache, Frankfurt am Main/Bern, Lang.
- Schmitt, Christian (1977), „Zur Kodifizierung der neufranzösischen Wirtschaftssprache“, in: Bender, Karl-Heinz/Berger, Klaus/Wandruszka, Mario (Hrsg.), Imago Linguae. Festschrift zum 60. Geburtstag von Fritz Paepcke, München, Fink, 511-532.
- Spillner, Bernd (Hrsg.) (1992), Wirtschaft und Sprache. Kongreßbeiträge zur 22. Jahrestagung der Gesellschaft für Angewandte Linguistik, Frankfurt am Main, Lang.
- Steinhauer, Anja (2000), Sprachökonomie durch Kurzwörter: Bildung und Verwendung in der Fachkommunikation, Tübingen: Narr.
- Winkelmann, Otto (2011), „Plädoyer für eine romanistische Wirtschaftslinguistik“ in: Dahmen, Wolfgang u.a. (Hrsg.), Romanistik und Angewandte Linguistik. Romanistisches Kolloquium XXIII, Tübingen, Narr, 125-159.

Beitrag von: Claudia Schlaak

Redaktion: Christof Schöch