In geistes- und sozialwissenschaftlichen Überlegungen der letzten Jahrzehnte sind zahlreiche Dichotomien nochmal überdacht worden, um Übergänge zwischen Polaritäten oder auch die Nicht-Relevanz binärer Denkweisen in bestimmten Situationen zu betonen. In diesem Zuge wurden sowohl binäre Geschlechteridentitäten hinterfragt als auch Abgrenzungen von Subjekt und Objekt oder der Gegensatz von Natur, Technik und Kultur. Mittlerweile haben non-binäre Konzeptionen auch in literatur- und kunstwissenschaftlichen Forschungen zu historischen Konzeptionen von Geschlecht, Natur oder Kunst Konjunktur.

Der geplante Band, der die neue Schriftenreihe »Transgressionen. Literatur, Musik und Künste um 1900« bei Rombach Wissenschaft eröffnen wird (https://www.rombach-wissenschaft.de/index.php?id=302&no_cache=1), soll Beiträge zu nicht-binären Identitäten und Konzeptionen in den Künsten der Moderne von ca. 1880-1920 versammeln. Für die Zeit um 1900 interessieren vor allem Fragen (1) nach der Dynamik bürgerlicher Geschlechterkonzeptionen zwischen Öffentlichkeit und Privatheit, (2) nach Widerständen und Resilienzen bei der Herausbildung binärer Kunstbegriffe wie elitär und populär, (3) nach der Reformulierung von Naturästhetiken innerhalb der Kultur der Moderne oder (4) nach internationalen Prozessen, die nationale Polaritäten unterminieren. Eine Auseinandersetzung mit diesen Fragen kann besonders durch diskursgeschichtliche Analysen, aber auch durch theoretische Reflexionen geschehen, die das Spannungsfeld zwischen Binarität und Nicht-Binarität für die Epoche der Moderne beleuchten. Über die Fächer der Musikwissenschaft, der Romanistik und Neueren deutschen Literaturwissenschaft hinaus sind Vorschläge zu den weiteren Künsten wie z.B. Film, Tanz, Bildende Kunst, Theater, Pantomime erwünscht.

Ziel des Bandes ist, anhand der Offenlegung unterschiedlicher non-binärer Identitäten und Konzepte die Komplexität und das Potential der künstlerischen Moderne um 1900 herauszuarbeiten, die sie zu einer Scharnierstelle der beginnenden Globalisierung und kulturellen Diversifizierung machten.

Vorschläge in Form von Abstracts auf Deutsch oder Englisch mit max. 2.000 Zeichen Länge und kurze Angaben zum Lebenslauf werden bis zum 1. Juni 2022 erbeten an anna.gisbertz@tu-dortmund.de, meineke@phil.uni-mannheim.de und gesa.zurnieden@uni-greifswald.de. Eine Rückmeldung über die Annahme der Beiträge erfolgt bis zum 1. Juli 2022, Die Abgabe der Beiträge (15-20 Seiten) ist am 15. Januar 2023 vorgesehen.

Bei Fragen kontaktieren Sie gerne die Reihenherausgeberinnen apl. Prof. Dr. Anna-Katharina Gisbertz (Neuere deutsche Literaturwissenschaft), PD Dr. Eva-Tabea Meineke (Romanische und Vergleichende Literaturwissenschaft) oder Prof. Dr. Gesa zur Nieden (Musikwissenschaft).

Beitrag von: Eva-Tabea Meineke

Redaktion: Ursula Winter